"World Monument Fund" fordert Erhalt der Gaslaternen

Unzeitgemäßes Relikt oder historisches Vermächtnis? Berliner Gaslaternen haben sogar im Ausland eine Lobby. | Foto: Schubert
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Charlottenburg. Großes Bündnis für das warme Licht: Einer Podiumsdiskussion der Vereine "Gaslicht Kultur" und "Denk mal an Berlin" mit Hunderten Gästen blieben die politischen Verantwortlichen fern. Dafür ergriffen ausländische Experten Partei zugunsten der bedrohten Laternen.

Was die Gasbeleuchtung im Berliner Westen und die Altstadt von Venedig verbindet? Beide Errungenschaften drohen der Menschheit verloren zu gehen. Beide stehen auf der "roten Liste" des "World Monument Fund" mit Sitz in New York. Aber im Fall der Leuchten wäre die Bedrohung leicht abzuwenden, wenn die Politik auf den Bürgerwillen hört. Dies war er, der Grundtenor einer Podiumsdiskussion, für die eine Delegation des "Monument Funds" aus Übersee angereist war. Hier traf man auf die kroatische Kunsthistorikerin Marino Manin, den Denkmalschützer Peter Burman aus Edinburgh - und einheimische Befürworter des warmen Lichts wie Bertold Kujath. Nur Vertreter des Senats hatten es nicht ins Rathaus Charlottenburg geschafft.

Allen Protesten zum Trotz geht die Umrüstungskampagne unterdessen weiter. Bis Ende 2015 sollen die einst 8000 Gasreihenleuchten bis auf wenige Ausnahmen elektrischen Masten gewichen sein. Ein Akt, bei dem man sich im Hause von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) eine Ersparnis der Betriebskosten in Millionenhöhe erhofft. Hellmut von Laer von der Gruppierung "Yes2Gaslicht" bezweifelt die Berechnungen seit langer Zeit, ohne auf seine Kontaktversuche Antwort erhalten zu haben.

An Geisels Stelle nahm die Linken-Abgeordnete Jutta Matuschek in der Runde Platz und suchte nach Erklärungen. "Die Umweltverwaltung möchte jeden Grashalm zur CO2-Einsparung aufnehmen. Und schon der Gedanke, man könne durch den Abbau der Gaslaternen Ergebnisse erzielen, hat Wirkung gezeigt", deutete sie die Lage. Den Bürgern LED-Lampen als Kompromiss zu verkaufen, hält Matuschek für zweifelhaft. "Es ist, als wolle man Meißner Porzellan aus Plastik herstellen." Dass sogar eine Ernennung zum Weltkulturerbe geboten sei, das bekräftigte Peter Burman mit leidenschaftlichen Worten. "Alle Kriterien sind erfüllt. Und wenn nicht, fress’ ich meinen Hut." Gaslaternen und elektrisches Licht müssen keineswegs in Konkurrenz stehen, versichert Peter Burman. So wie Busse und Straßenbahnen jeweils ihre Berechtigung haben, so müsse man auch bei der Straßenbeleuchtung im Einzelfall abwägen. "Warum nehmen wir nicht das Beste aus beiden Welten?", fragte der Fachmann in die Menge.

Als jemand, der den Austausch mit britischen Berlin-Touristen pflegt, hat Burman festgestellt, dass immer wieder zwei Sonderphänomene genannt werden, die Berliner an ihrer eigenen Stadt kaum wahrnehmen: das Fahrradfahren und das Gaslicht. Eine Verbindung von beidem hält er für einen Genuss, gerade an Orten wie dem Rüdesheimer Platz oder der Schloßstraße.

Dort findet man am Anfang der Promenade einen der prächtigsten Kandelaber Berlins. "Er ist 110 Jahre alt, hat zwei Weltkriege überlebt, den Mauerfall und die Euro-Einführung", sagte Bertold Kujath. "Und nun soll er aus Dummheit weichen." Wie im Widerstreit von Nostalgie und Fortschrittsdenken das Alte standhalten kann, dafür sei der Kampf um die "Cable Cars" in San Francisco ein Beweis: Dort habe einstmals das Engagement einer einzelnen Frau für den Erhalt genügt. In Berlin zählt man über 20 000 Unterschriften.

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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