Erlauben, was ohnehin passiert
Bezirksverordnete wollen Sonntagsöffnung von Spätis erlauben

Viele Spätis bieten ein fast Rund-um-die-Uhr-Angebot. Dazu gehören auch Öffnungszeiten am Sonntag. Die sollen jetzt auch offiziell erlaubt werden. | Foto: Thomas Frey
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Die meisten Spätkaufläden haben auch am Sonntag geöffnet. Eigentlich dürften sie das nicht. Da aber im Normalfall keine Kontrollen stattfinden, hat das keine Konsequenz.

Trotzdem, oder gerade deshalb, sei das ein rechtlich illegaler und unhaltbarer Zustand, fand die FDP-Bezirksverordnete Marlene Heihsel. Ihre Schlussfolgerung formuliert in einem Antrag: Das Sonntagsverbot für Spätis muss fallen.

Das sahen auch die Grünen so, wenngleich sie Marlene Heihsels ursprünglichen Vorstoß noch in einigen Punkten veränderten oder ergänzten. Das Wort "Liberalisierung", das die Liberale gebrauchte, sollte durch "Anpassung" ersetzt werden. Außerdem wurde noch auf Arbeitnehmerrechte sowie dem Lärmschutz hingewiesen. Einschließlich dieser Einlassungen fand das eine Mehrheit im Wirtschaftsausschuss am 13. November. Legaler Betrieb für jeden Spätkauf, wann immer er das möchte. Analog etwa zu Tankstellen oder Bahnhöfen.

Land Berlin  muss entscheiden

Trotz dieses Votums wird das nicht morgen oder demnächst, vielleicht sogar überhaupt nicht umgesetzt. Denn darüber entscheidet nicht der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, sondern das Land Berlin. Und da wäre ein solcher Vorstoß im vergangenen Sommer abgeblockt worden, erklärte Wirtschafts- und Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD). Der Vorschlag kam aus Neukölln und wurde im Rat der Bürgermeister nicht nur von den Vertretern verschiedener Senatsverwaltungen, sondern auch von allen anderen Bezirken zurückgewiesen. Es wäre selten so, dass etwas Neues sofort den ungeteilten Beifall finde, konterte Marlene Heihsel. Bis sich Meinungen veränderten, dauere es einige Zeit. Ein erneuter Vorstoß aus Friedrichshain-Kreuzberg sorge dafür, dass sich das Bürgermeistergremium erneut damit befassen müsse.
Hehmke meldete weitere Bedenken an. Etwa beim Thema Lärm. Gerade in Hotspots wie der Simon-Dach-Straße wären Spätis dafür eine Quelle. Nicht nur deshalb hielt es der Stadtrat für wenig gerecht, wenn Lokale mit rigidem Einhalten ihres Außenausschanks konfrontiert werden, das Feierpublikum sich aber gleichzeitig in Spätis mit Alkohol eindecken könne.

Was wird aus der Sonntagsruhe?

Solchen Verursachern von Krach müsste natürlich auf die Finger geschaut werden, was ja zur Lärmpassage in ihrem Änderungsantrag geführt habe, erinnerten die Grünen. Allerdings blieb unklar, wie das genau passieren soll.

Den SPD-Vertretern gefiel die ganze Richtung nicht. Die sonntägliche Ruhe werde weiter ausgehöhlt, meinte ihr Bezirksverordneter Stephan Ott. Dann könne man ja auch gleich Supermärkten den Verkauf erlauben.

Einen Vergleich, den Filiz Keküllüoglu (Grüne) ziemlich daneben fand. Bei den Spätis handle es sich in der Regel um Inhaber geführte Familienbetriebe. Deren Sonntagsbeschäftigung müsse zwar nicht jeder nachvollziehen können, aber auch das gehöre gerade zu Friedrichshain-Kreuzberg. Der Spätkauf als eine Art Kulturgut, auch das klang bei der Debatte durch. Und sie zeigte, dass es beim Thema Liberalisierung, pardon Anpassung, auch teilweise innerhalb der Fraktionen unterschiedliche Ansichten gibt.

"Freie Spätis" spaltet Fraktionen

Sie könnten nur für sich, nicht für ihre Fraktion votieren, meinten Ulrike Juda und Claudia Richter, die Ausschussmitglieder der Linken. Denn da seien die Meinungen gespalten. Beide hoben dann die Hand für eine größere Späti-Freiheit. Ähnlich klang das beim CDU-Fraktions- und Ausschussvorsitzenden Timur Husein. Er sei dafür, andere seiner Fraktionsmitglieder dagegen. Deshalb enthalte er sich.

Egal wie die Diskussion weiter geht, verändern wird sich so schnell sowieso nichts. Der Sonntagsverkauf bleibt erst einmal illegal, aber in der Regel ohne Folgen. Schon weil das Ordnungsamt an diesem Tag normalerweise nicht im Einsatz ist. Und das Spähen nach Spätis bildet ohnehin keinen Schwerpunkt seiner Arbeit.

Marlene Heihsel hält das für keinen optimalen Zustand. Nur mal angenommen, jemand käme auf die Idee, geltendes Recht anzuwenden. Dann könne das schnell das Ende vieler dieser Läden bedeuten.

Torben Denecke (diePartei) fand den jetzigen Zustand dagegen ziemlich gut. "Eigentlich ist das verboten, aber wir schauen gar nicht hin. Das ist doch eigentlich nicht verkehrt."

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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