Der Dialog ist noch lange nicht zu Ende
Aushandlungsprozess für das RAW-Gelände geht auch nach Dialogverfahren weiter

Der Eingangsbereich zum RAW-Gelände an der Warschauer Straße. | Foto: Thomas Frey
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Die Grundstruktur ist ähnlich der bei anderen Vorhaben. Investoren, die Pläne haben. Gegner, die sich wehren. Nutzer und Anwohner mit unterschiedlichen Bewertungen.

Nur, dass es um das vielleicht bekannteste Areal in Friedrichshain geht – das RAW-Gelände. Jene rund sieben Hektar große Fläche des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks zwischen Warschauer- und Modersohnstraße, Revaler Straße und den Bahngleisen. In den vergangenen Jahren ist es vor allem bekannt geworden als nächtlicher Hotspot. Nicht nur deshalb ist es inzwischen auch ziemlich "abgerockt".

Auf dem Gelände befinden sich außerdem zahlreiche sogenannte soziokulturellen Bestandsmieter. Und es gibt drei Eigentümer. Der größte ist seit 2015 die Göttinger Kurth-Gruppe, der der West- und Mittelteil gehört. Das Gebiet im Osten hat die International Campus AG erworben. Dazu kommt noch ein kleiner Bereich rund im das Badehaus Szimpla mit einem weiteren Besitzer.

Der Versuch, alle diese Interessen möglichst zu bündeln, war Ziel eines Dialogverfahrens. Und ist es immer noch. Auch nach dem Ende von zunächst drei öffentlichen Veranstaltungen, deren letzte am 10. Juli im Säälchen auf dem Holzmarkt-Gelände stattfand. Warum nicht im heimischen RAW-Areal? Alle größeren Räume dort waren belegt. Nicht zuletzt wegen der Fußball-WM.

Der Dialogprozess markierte nur ein Etappenziel. Es wurden zwar Resultate vorgestellt, bei denen es sich allerdings nur um erste Planskizzen handeln soll. Erläutert wurden sie von den Mitgliedern einer Lenkungsgruppe, zu der neben den Vertretern der Eigentümer und RAW-Akteuren, Nachbarschaftsinitiativen, Stadtplaner und die Politik gehörten. Letztere unter anderem vertreten durch Baustadtrat Florian Schmidt (Bündnis90/Grüne), die ehemaligen Bürgermeister Cornelia Reinauer (Linke) und Franz Schulz (Grüne) und den SPD-Abgeordneten Sven Heinemann. Deutlich wurde auch hier: Zwischen den Akteuren bestand bei vielen Fragen keine Einigkeit.

Das vorgelegte (Zwischen)Ergebnis sieht grob gesagt so aus: Es soll ein Erhalt von Bestandsgebäude geben. Allerdings nicht von allen. Gleichzeitig geplant sind Neubauten, bis hin zu einem möglicherweise 60-Meter-Hochhaus an der Warschauer Straße. Rund um den Kletterkegel wünscht sich die Kurth-Gruppe einen weiteren Sockelbau. Auch International Campus forciert eine Nachverdichtung.

Für weitere Gebäude sei auf dem Gelände Platz, lautete eine Erkenntnis. Auch als dringend benötigter Raum für Büros, Gewerbe, Kultur. Damit werde auch ein Gegengewicht zur bisherigen nächtlichen Monostruktur gesetzt. Allerdings müsse die "DNA des RAW", von der häufig die Rede war, erhalten werden.

Bei manchen Initiativen stießen solche Aussagen auf heftige Gegenwehr. Schon lange werde eine Grünfläche gefordert. Insgesamt steht für sie der bisherige Erhalt im Vordergrund. Was jetzt durch einen erneut initiierten Einwohnerantrag noch einmal manifestiert werden soll. Es kam auch der Vorwurf, trotz Dialogverfahren wären manche Akteure nicht oder unzureichend berücksichtigt worden.

Ohne Veränderungen aber keine Bestandssicherheit, so der Tenor von Lauritz Kurth. Wenn für die soziokulturellen Nutzer ihre niedrigen Mieten bleiben sollen, müsse das über Einnahmen an anderer Stelle subventioniert werden. Seine Formel lautete deshalb in etwa so: Je mehr Querfinanzierung abverlangt werde, desto mehr und höher müsse gebaut werden. Auch manche von Verdrängung bedrohte Clubs könnten dann vielleicht hier eine neue Heimat finden, warf Baustadtrat Schmidt in die Debatte. Was manche Anwohner wiederum eher skeptisch sahen. Wichtiger als Grünflächen auf dem Gelände wäre der Erhalt der Soziokultur, fand Sven Heinemann.

Deren Vertreter, zusammengefasst vor allem durch die Mieter jener Gebäude auf dem Gelände, die als "Soziokulturelles L" markiert sind, präsentierten sich ebenfalls nicht als geschlossene Formation. Während einige der Kurth-Gruppe ein reines "kapitalistisches Verwertungsinteresse" vorwarfen, zeigten andere Verständnis für deren Ideen. Außerdem geht es noch um die Frage, welche Angebote und Dienstleistungen überhaupt als soziokulturell angesehen werden. Wie mehrfach berichtet, gibt es noch erhebliche Differenzen zwischen Eigentümer und manchen Nutzern. Sie sollen möglichst bis Herbst geklärt sein.

Wobei sich auch insgesamt die Sympathien und Antipathien beim Eigentümer Kurth einigermaßen die Waage hielten. Anders als bei International Campus. Vor allem dessen Vorhaben, Wohnungen für Studenten und Auszubildende zu errichten, stieß auf Widerstand. "Dafür werden Sie in der BVV keine Mehrheit bekommen", machte der Grüne-Bezirksverordnete Andreas Weeger klar. Dort seien schon mehrfach Beschüsse gefasst worden, die eine Wohnnutzung aus mehreren Gründen ausschließen. Dass die Idee in den Planspielen erneut auftauche, wäre deshalb wenig nachvollziehbar.

Es wäre doch beim Dialogverfahren gewünscht gewesen, frei in alle Richtungen zu denken, rechtfertigte sich ein International-Campus-Vertreter. Außerdem sei nur etwa ein Viertel ihres Bereichs für den Wohnungsbau vorgesehen. Eine Schule sowie eine Kita sollten dort ebenfalls entstehen. Eine von seinem Unternehmen initiierte Umfrage habe ergeben, dass sich mehr als 40 Prozent der Beteiligten Wohnungen auf dem RAW-Gelände vorstellen könnten.

Es bleiben also noch viele Fragen. Ohnehin wird nicht mit einem schnellen Ende des gesamten Aushandlungsprozesses gerechnet. Bis es so weit sei, vermutet der Baustadtrat, werde es noch gut drei Jahre dauern.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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