Samosas, Cevapcici und Knödel mit Ei
Ein Kochbuch stellt die internationale Bevölkerung Lichtenbergs über Lieblingsrezepte vor
Worum geht‘s, wenn von Saltibarsciai, Ghabelipolo oder Mercimek Köftesi die Rede ist? Um eine finnische Rote-Bete-Suppe, ein Reisgericht aus Afghanistan und türkische Linsen-Bällchen. Mehr über diese und andere Speisen ist in der neuen Publikation „So isst Lichtenberg“ zu erfahren. Das Kochbüchlein stellt Menschen vor, die im Bezirk leben oder arbeiten – mit ihren Lieblingsrezepten.
Esamachlin Alkuzi muss einfach ab und an sein Ghabalipolo kochen. Das Gericht aus Reis, Fleisch, Rosinen, Karotten und Pistazien möge seine Frau so gerne, erzählt der gebürtige Afghane, der mit seiner Familie in der Gemeinschaftsunterkunft Konrad-Wolf-Straße lebt. In seiner Heimat ist Ghabelipolo ein Alltagsgericht, das überwiegend abends gegessen wird – in Restaurants oder geselliger Runde. Claudio Cassetti aus Italien bevorzugt dagegen Gemüse. Der Lehrer an der Lichtenberger Volkshochschule bereitet seine Verdura à la Veneziana nach einem Rezept zu, das er vor Jahren in einem jüdischen Kochbuch aus Venedig fand. Zu marinierten Möhren, Paprika, Zucchini & Co gesellen sich salzige Waffeln.
Die Brasilianerin mit dem klangvollen Namen Maria Beatriz de Souza Lima Harke lebt seit fast 20 Jahren in Deutschland, seit 2018 mit Mann und Söhnen in Rummelsburg. Das Nationalgericht Feijoada aus schwarzen Bohnen kommt bei ihr regelmäßig auf den Tisch. Fürs Büchlein „So isst Lichtenberg“ hat sie Zutaten und Zubereitungsweise verraten. Insgesamt 40 Rezepte versammelt das „Bezirkskochbuch von Aserbaidschan bis Vietnam“, wie es im Untertitel heißt. Darin ist zu erfahren, wie Cevapcici, Samosas und Sommerrollen gemacht werden. Oder Paella, Borsok, Knödel mit Ei, Rummelsburger Tomatenauflauf und Kaiserschmarrn.
Eine Idee aus Österreich
Die Idee hat sich Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) in Wien abgeschaut. Bei einem Besuch im Partnerbezirk Margareten bekam er ein Kochbuch geschenkt. Es enthielt Rezepte, aufgeschrieben von Menschen unterschiedlichster Herkunftsländer, die in Margareten leben und/oder arbeiten. Das hat ihm gefallen und zur Nachahmung bewogen. Im Vorwort der nun fertigen Publikation erklärt er, warum: „Die Luft in Lichtenberg hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Dort, wo früher Sonntagsbratenduft durch die Hausflure zog, duftet es heute nach Curry, Paella oder Plow. Immer mehr Menschen ziehen zu uns: aus Nachbarbezirken, anderen Städten, Europa und der ganzen Welt. Mich freut das, weil es sich auch in unterschiedlichen Sitten, Bräuchen und natürlich in kulinarischer Vielfalt bemerkbar macht.“
Auf 84 Seiten stellt das Buch aber nicht nur internationale Gerichte und ihre Zubereitung vor, sondern auch die Menschen „dahinter“. Frauen und Männer mit Wurzeln in Aserbaidschan, im Irak, in Vietnam, Polen, Deutschland, Pakistan und anderen Ländern geben einen kurzen Einblick in ihr Leben. Sie wohnen oder arbeiten in Lichtenberg, manche von ihnen schon sehr lange, andere sind erst vor kurzem hergezogen oder nach Berlin geflüchtet. Was alle eint, ist der Wunsch anzukommen, sich heimisch zu fühlen und neue Freunde zu finden.
Die Nachbarn kennenlernen
„Vielleicht kann dieses Kochbuch ein Stück dazu beitragen“, sagt Michael Grunst. „Wo können sich Menschen schließlich besser kennen lernen, als beim gemeinsamen Kochen und beim Essen? Ich hoffe, dass sich manch einer durch dieses Buch anregen lässt, Nachbarn einzuladen und mit ihnen ein paar Rezepte auszuprobieren. Ich werde das bestimmt tun.“ Eine seiner Leibspeisen durfte daher im Heft nicht fehlen: Kartoffelsuppe mit Wiener Würstchen.
Der isländische Botschafter Martin Eyjólfsson und seine Frau Eva Thengilsdóttir sind die einzigen im Buch präsentierten Hobbyköche, die eigentlich keinen direkten Bezug zu Lichtenberg haben. Doch weil die Islandpferde-Weltmeisterschaft auf der Karlshorster Trabrennbahn vor der Tür steht, hat Projektleiterin Barbara Breuer aus der Pressestelle des Bezirksamtes auch sie zum Mitmachen bewegt.
Gerichte mit Geschichte
„Gebratener Kabeljau auf Tomate-Mozzarella-Salat“ heißt das Rezept des Ehepaars. „In Island ist Fisch immer Festessen, Alltagsessen und Traditionsgericht zugleich“, schreibt Eyjólfsson dazu. „Aber Kabeljau war immer etwas Feineres. Er wurde exportiert und brachte Einnahmen. Und so kam er nicht so oft auf den heimischen Tisch, denn es hieß: ‚Geld isst man nicht!‘ Heute wird Kabeljau gern und oft serviert. In Island wird fast täglich Fisch gegessen, denn alle sind überzeugt, dass dies der Grund ist für ein langes und gesundes Leben.“
Auch die Projektleiterin steuerte ein Rezept bei: Barbara Breuers „Knödel mit Ei“ liefern eine unkomplizierte Anleitung fürs Zubereiten der böhmischen Spezialität und eignen sich gleichzeitig perfekt für deren Resteverwertung.
Das Buch „So isst Lichtenberg“ ist beim Apercu-Verlag erhältlich. ISBN: 978-3-9819870-5-8.
Autor:Berit Müller aus Lichtenberg |
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