Bewohner des Rollbergkiezes wehren sich gegen neuen Standort einer Methadonpraxis
Neukölln. Weil der Mietvertrag in der Karl-Marx-Straße kurzfristig gekündigt wurde, benötigt die Ambulanz für Integrierte Drogenhilfe in der Nähe ihres bisherigen Standorts neue Räume. Diese stellt die Wohnungsbauten-Gesellschaft "Stadt und Land" bald in der Morusstraße zur Verfügung – zum Unmut vieler Familien im Wohngebiet.
Ein ohrenbetäubender Lärm aus diversen Trillerpfeifen war am Nachmittag des 15. September weithin auf der Hermannstraße hörbar. Vor allem Mütter und ihre Kinder, die in der nahe gelegenen Familienwohnsiedlung rund um die Morusstraße leben, hatten sich zu dieser Demo vor dem Servicebüro der "Stadt und Land Wohnungsbauten-Gesellschaft" eingefunden. Rund 60 Demonstranten forderten unter anderem lautstark „Wir wollen keine Spritzen“. Anlass für den Protest ist der geplante Umzug einer medizinischen Praxis, der Ambulanz für Integrierte Drogenhilfe (a.i.d.), von der Karl-Marx-Straße in die Morusstraße 16 a. Die Eröffnung ist nach einer Renovierung der Räume Ende November vorgesehen.
„Wir machen uns Sorgen um unsere Kinder wegen der vielen Süchtigen, die dann hierherkommen", sagt Sushma Sekaran. In ihrer geschlossenen Wohnanlange lebten viele Familien, gegenüber gebe es einen großen Spielplatz, ebenso mehrere Kitas und Schulen in der Nachbarschaft. Die 31-jährige Mutter eines Babys hat die Demo mit organisiert, weil sich die Anwohner hintergangen fühlen. Eine Infoveranstaltung war erst auf den 30. September anberaumt, dann auf den 23. vorgezogen worden. „Man wollte uns nicht informieren“, glaubt sie. Schon einmal habe es in der Briesestraße eine Praxis für Drogenabhängige gegeben. „Da wurden dauernd Spritzen auf dem Spielplatz gefunden.“
Wachschutz vorgesehen
Ein geplanter Wachschutz sei hier wenig hilfreich. „Er trägt nur zur Wiederauflage des Ghetto-Images bei, dass wir gerade erfolgreich abgelegt haben“, meint die Anwohnerin. Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) ist ebenfalls gekommen, um einiges auf der Demo klarzustellen. Durch die Trillerpfeifen der Kinder dringt aber kaum durch, dass beispielsweise gar keine Spritzen in der Praxis an die Süchtigen ausgegeben werden. „Es handelt sich hier um kranke Menschen, die Anspruch auf eine Versorgung in der Nähe des bisherigen Standorts haben“, findet Liecke. Wachschützer würden dafür Sorge tragen, dass die Suchtpatienten sich nicht unnötig im Wohnumfeld rund um die Praxis aufhalten werden.
Nach der Demo meint der Stadtrat: „Das Bild, das die Menschen im Kopf haben über diese Praxis, entspricht gar nicht der Realität.“ Er betont, die Räume in der Rollbergstraße, die der Vermieter "Stadt und Land" dem Träger der Praxis im Juli zunächst angeboten hatte, wären ihm auch lieber gewesen, dies sei aber alleinige Sache zwischen den beiden Verhandlungspartnern. Zudem beruhigt Liecke: „Dies ist keine reine Drogenpraxis, sondern eine, wo auch ganz normale Patienten behandelt werden. Ich selbst werde mich dort behandeln lassen.“ SB
Autor:Sylvia Baumeister aus Neukölln |
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