Amtshilfe aus dem Nachbarhaus
Roger Bach sorgt für einen blühenden Hof an der Grellstraße
Roger Bach praktiziert Nachbarschaftshilfe auf ungewöhnliche Weise. Er sorgt dafür, dass Pflanzen in der benachbarten Wohnanlage gewässert werden.
Diese Wohnanlage an der Prenzlauer Allee und Grellstraße gehört der Deutschen Wohnen. Diese kündigte im vergangenen Jahr an, dass sie die dortigen Häuser instand setzen und modernisieren wird. Im Innenbereich des Wohnquartiers soll außerdem ein neues Wohnhaus gebaut werden. Um Platz für Tiefbauarbeiten zu schaffen, sind im vergangenen Oktober umfangreiche Baumfällungen durchgeführt worden. „Außerdem wurden zahlreiche Sträucher gerodet“, so Roger Bach. Er wohnt in einem der Nachbarhäuser, das von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag verwaltet wird.
Nach Rodungen und Tierbauarbeiten blieb zunächst eine sandige Brachfläche auf dem Hof zurück. „Von meiner Wohnung aus konnte ich auf das Elend schauen“, sagt Bach, der seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Umso erfreuter war er, als er im Frühjahr Mieter beim Gärtnern auf der Brache bemerkte. Dort, wo früher Büsche und Bäume standen, wurde es endlich wieder grün. Sommerblumen wurden ausgesät. Und ein Mieter pflanzte etliche Stauden. „Die stellte ihm ein benachbarter Blumenladen freundlicherweise zur Verfügung“, weiß Bach.
Dieses Engagement freute ihn als Nachbar sehr. Denn er hat eine enge Verbindung zu dieser Wohnanlage. Er kam dort nämlich vor 58 Jahren zur Welt, zog aber vor 30 Jahren ein paar Häuser weiter. Seine 85-jährige Mutter lebt allerdings immer noch dort an der Grellstraße.
Roger Bach war schon als Kind dabei, als der Hof an Grellstraße und Prenzlauer Allee in den 60er-Jahren begrünt wurde. „Ich habe hier immer noch zahlreiche Freunde und kenne viele Nachbarn“, sagt er. Deshalb entschloss er sich auch, als deren Sprecher in der Mieterinitiative dieser Wohnanlage mitzumachen.
Das Gedeihen der Blumen und Stauden, die die Mieter im Frühjahr pflanzten, beobachtete Roger Bach fast jeden Tag mit Freude. Doch dieser Sommer hat es in sich. Solche extreme Trockenheit hatte niemand erwartet. Mit ein bisschen gießen kann man da nicht viel retten.
Als ein Teil der Pflanzen bereits vertrocknet war, entschlossen sich Mieter der Wohnanlage, die verbliebenen Anpflanzungen regelmäßig und mehr als üblich zu wässern. „Sie füllten am Wasserhahn am Haus Gießkanne und Eimer“, sagt Roger Bach. Dann liefen sie immer etwa 60 Meter zu den Pflanzen. „Wie die sich abmühten, konnte ich einfach nicht mehr mit ansehen“, sagt der Nachbar. Deshalb entschloss er sich, 160 Meter Schlauch und einen Sprenger zu kaufen und zu spendieren.
Doch die Freude darüber, dass seine Nachbarn keine Gießkanne und Eimer mehr schleppen müssen, währte nicht lange. Eine Mieterin aus der Wohnanlage beschwerte sich bei der Deutschen Wohnen darüber, dass das Wasser aus dem Haus für das Gießen der Pflanzen verwendet wird. Über die Betriebskosten müsse sie das ja mitbezahlen. Und dazu sei sie nicht bereit. Deshalb wurde der Wasserhahn abgesperrt.
„Doch davon lassen wir uns nicht unterkriegen“, sagt Roger Bach. „Ich schließe jetzt den Schlauch am Wasserhahn in meiner Wohnung an. Dort habe ich eine Wasseruhr, und ich bezahle das Wasser natürlich aus meiner eigenen Tasche.“ Inzwischen kann man den Nachbar im Rollstuhl sitzend immer wieder beim Sprengen der Anpflanzungen auf dem Innenhof der Grellstraße beobachten. Dabei wechselt er sich mit dortigen Mietern ab. Einige von ihnen erklärten sich inzwischen auch bereit, sich an den Wasserkosten zu beteiligen.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.