Arbeiten für das Klima und sozialen Zusammenhalt
Was Bürgermeister Michael Grunst an Schwerpunkten für 2023 sieht

Bürgermeister Micheal Grunst (Die Linke) besuchte die Baustelle der neu entstehenden Grundschule an der Schleizer Straße. | Foto:  Bernd Wähner
  • Bürgermeister Micheal Grunst (Die Linke) besuchte die Baustelle der neu entstehenden Grundschule an der Schleizer Straße.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Über das herausfordernde Jahr 2022 mit einem Ausblick auf 2023 unterhielt sich Berliner-Woche-Reporter Bernd Wähner mit Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke).

Was waren aus Ihrer Sicht 2022 die größten Herausforderungen für den Bezirk?

Michael Grunst: Anfang des Jahres hatten wir noch eine Hochphase von Corona-Infektionen. Da waren wir in der Verwaltung, im Gesundheitsamt und vor allem in den Krankenhäusern sehr stark belastet. Als die Anzahl der Erkrankungen zurückging, waren wir optimistisch. Doch dann begann der Ukrainekrieg. Da standen wir sofort vor der Aufgabe, uns um Menschen zu kümmern, die aus ihrer Heimat flüchteten. In Lichtenberg kamen viele zunächst privat unter. Trotzdem mussten wir uns um Schul- und Kitaplätze kümmern. Das war und ist eine große Herausforderung. Angesicht der dann folgenden Inflation und der steigenden Energiepreise haben viele Menschen den Eindruck, dass es so etwas wie einen Normalzustand gar nicht mehr gibt. Dennoch haben wir versucht, im Bezirk weiter voranzukommen.

Können Sie ein paar Beispiele nennen, in welchen Bereichen es voranging?

Michael Grunst: Natürlich die Schulbauoffensive. Da sind wir gut vorangekommen. In der Wartiner Straße konnten wir eine Integrierte Sekundarschule für 725 Schüler eröffnen. Die haben wir innerhalb von nur zwei Jahren und sogar im Kostenrahmen als Bezirk selbst gebaut und nicht bauen lassen. Das ist ein Novum im Land Berlin. Natürlich haben wir auch die Voraussetzungen geschaffen, dass weitere dringend benötigte Schulen entstehen.

Außerdem haben wir Wohnungsbauprojekte fertigstellen können. Da möchte ich als Beispiel das Hochhaus der Howoge an der Frankfurter Allee 218 nennen. Das ist auch ein schönes Beispiel dafür, wie eine Kooperation von Wohnungsunternehmen und Bezirksamt laufen kann. Auch bei Kitas geht es voran. Vor einigen Wochen haben wir einen Anbau an der Kita Römerweg eingeweiht. Und an der Gudrunstraße wird eine Kita mit 185 Plätzen im Sommer fertig.

Gab es auch etwas, bei dem das Vorankommen aus Ihrer Sicht stockte?

Michael Grunst: Das betrifft die verwaltungsnahen Dienstleistungen für die Bürger. Im gesamten Land Berlin gibt es immer noch lange Wartezeiten auf Termine im Bürgeramt. In Lichtenberg werden prozentual mehr Fälle als in anderen Bezirken bearbeitet. Bei uns leben acht Prozent der Berliner. Wir bearbeiten aber zwölf Prozent der Anträge aller Berliner Bürgerämter. Würden in allen Bezirken so viele Anliegen bearbeitet, gebe es die langen Wartezeiten nicht. Hier muss der Senat stärker in die Steuerung rein und es müssen alle Bezirke mitziehen.

Ein großes Thema ist der Klimaschutz. Was ist da passiert und welches sind die nächsten Schritte?

Michael Grunst: Wir haben uns in den Prozess der Bewerbung um den European Energy Award begeben. Dabei handelt es sich um ein europäisches Gütezertifikat für klima- und energiebewusste Verwaltungen. Wir werden nicht nur Bäume pflanzen, sondern die Stadtentwicklung so gestalten, dass städtische Gebiete klimaresilient werden. Ein Beispiel sind die Innenhöfe von Wohnquartieren. Hier geht es in den Diskussionen nicht etwa darum, Wohnungsbau zu verhindern. Es geht in erster Linie darum, Grün zu erhalten, denn Grünflächen haben kühlende Wirkung.

Anfang 2023 gründen wir einen Klimabeirat mit externen Mitgliedern. Auch unser Klimateam im Bezirksamt verstärken wir. Außerdem ist Gebäudesanierung ein wichtiges Thema. Unser Monitoring zeigt, dass wir schon recht gut dastehen, was den Energieverbrauch betrifft. In Kooperation mit den Stadtwerken bringen wir Solaranlagen auf Schuldächer. Dass wir noch mehr tun müssen, darin hat uns letztlich auch die Energiekrise bestärkt. Deshalb werden wir in allen Dienstgebäuden die alte Beleuchtung gegen LED-Leuchten austauschen.

Sie gingen bereits auf den Ukrainekrieg ein? Wie viele Menschen flüchteten bisher nach Lichtenberg? Was hat das für Auswirkungen?

Michael Grunst: Die Geflüchteten kamen anfangs in erster Linie hier bei Verwandten unter. Das sind etwa 1500 Menschen. Die Angekommenen melden sich beim Sozialamt, um Hilfe zu bekommen. Ausgehend davon leben etwa 3000 Ukrainern derzeit in Lichtenberg. Wir rechnen damit, dass noch weitere Menschen kommen, um hier den Winter zu verbringen. Deshalb schauen wir uns weiter nach Möglichkeiten der Unterbringung um. Eine große Herausforderung ist auch, Beschäftigung für die Kinder zu finden. Sie sind oft traumatisiert. Deshalb ist es wichtig, dass sie eine Schule oder Kita besuchen. Das ist nicht überall in Berlin sichergestellt. Aber die Ukrainer helfen sich auch selbst, indem digitaler Unterricht angeboten wird.

Welche Themen beschäftigen das Bezirksamt 2023?

Michael Grunst: Die Inflation und die Steigerung der Energiekosten. Mir berichten jeden Tag Lichtenbergerinnen und Lichtenberger, dass sie nicht mehr können. Es geht hier nicht um Wohlstandverlust, wie manche meinen. Viele Menschen müssen nicht nur ihr Leben einschränken, sie können oft ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Und das geht durch alle Schichten. Deshalb müssen die Hilfen der Bundesregierung schnell kommen. Mir dauert das zu lange.

Ausgehend davon wollen wir ein Netzwerk von Begegnungsorten für Menschen schaffen und so den sozialen Zusammenhalt fördern. Denn wenn man kaum Geld hat, zieht man sich zurück. Deshalb braucht es Treffpunkte, an denen die Menschen zusammenkommen. Aus diesem Grund wollen wir auch weiter kostenlos Kultur anbieten sowie die Haushaltsmittel für die Sozial- und Schuldnerberatung erhöhen. Viel wichtiger aber ist, dass die direkten finanziellen Hilfen endlich kommen und dass die Preise der Energiekonzerne gedeckelt werden.

Weitere Schwerpunkte sind der Bau bezahlbarer Wohnungen, die Schulbau- und die Kitabau-Offensive. Und wenn es um Klimaschutz geht, müssen wir auch weiter in die verkehrliche Infrastruktur investieren. Das heißt, dass der Senat im Zuge der Mobilitätswende den Öffentlichen Nahverkehr stärkt und sichere Radverkehrsanlagen schafft. Wir kümmern uns außerdem um die Ansiedlung von Ärzten. Schließlich erwarte ich auch, dass wir spätestens Mitte des Jahres keine Wartezeiten auf Termine in den Bürgerämtern mehr haben.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

89 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 240× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.002× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 656× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.143× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.033× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.