Schulen haben keinen Platz mehr
Ukrainische Schüler lernen an der Musikschule

Pauken in der Musikschule: Tatiana Manakova bringt ukrainischen Jugendlichen Deutsch bei.  | Foto: Ulrike Kiefert
3Bilder
  • Pauken in der Musikschule: Tatiana Manakova bringt ukrainischen Jugendlichen Deutsch bei.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Die Schulen haben keinen Platz mehr. Der Bezirk nutzt inzwischen Räume der Musikschule und zweier Jugendclubs, um ukrainische Kinder zu unterrichten. Steigt die Zahl weiter, „werden wir im nächsten Schuljahr auf Provisorien angewiesen sein“, sagt Schulstadträtin Remlinger.

Zweite Etage der Fanny-Hensel-Musikschule. Im Fachraum für Alte Musik sitzen zehn ukrainische Schüler und pauken Personalpronomen. Ihr Deutsch ist noch etwas holprig. „Heute ist erst unser dritter Lerntag“, entschuldigt Tatiana Manakova und lächelt. Der Lehrerin macht das Unterrichten sichtlich Freude. Manakova stammt aus der Zentral-Ukraine, hat dort Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Seit März ist sie in Berlin, geflüchtet wie die anderen, lehrt Kunst und Deutsch an der Willy-Brandt-Teamschule. Nun steht sie jeden Vormittag im Fachraum der Musikschule und bringt ukrainischen Schülern die Sprache Goethes bei.

Zwischen Klavier und Notenständern

Zwischen Klavier und Notenständern lernen inzwischen knapp 50 Kinder und Jugendliche. Weil Mittes Schulen voll sind, hat das Bezirksamt an der Musikschule in der Swinemünder Straße drei Willkommensklassen eingerichtet. Eine vierte soll folgen. Die Lehrer kommen alle von der Willy-Brandt-Schule, die nicht weit weg liegt. In der Pause gehen die ukrainischen Schüler dort Mittag essen. Für die Musikschule war es zwar nicht einfach, Platz zu schaffen und das Ganze zu organisieren. „Aber wir haben es geschafft, wir sind zusammengerückt“, sagt Leiterin Katharina Kaschny.

Wie geht es weiter?

Schulstadträtin Stefanie Remlinger (Grüne) kann sich da nur bedanken. „Ich denke, wir haben für die Kinder gute Bedingungen geschaffen, auch wenn das hier kein Standard werden sollte.“ Doch momentan sieht es ganz danach aus. Rund 1500 Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sind bis jetzt in Mitte angekommen. Etwa 500 von ihnen haben sich in den Schulen angemeldet. Die meisten lernen in den inzwischen 80 Willkommensklassen des Bezirks, andere konnten sofort in Regelklassen gehen, weil sie gut Deutsch sprechen. Die Mehrheit der 1500 Kinder aber hat per Online-Unterricht ukrainische Schule gemacht. Doch seit Juni haben die Ukrainer Ferien und die Frage steht im Raum: Wie weiter?

Fit machen für die Regelklassen

Denn wenn der Krieg nicht bald ein schnelles und glückliches Ende findet, können die Ukrainer nicht zurück. Und die Kinder müssen schon wegen der Schulpflicht in die Schule. „Um Willkommensklassen und Lerngruppen einzurichten, reicht der Platz in den Schulen bereits heute nicht“, sagt die Stadträtin. Darum die Notlösung mit der Musikschule. Dort werden die Schüler neben Deutsch noch in Mathematik und anderen Fächern unterrichtet. Auch in den Jugendfreizeiteinrichtungen „Schalasch“ und „Wolfgang-Scheunemann-Haus“ gibt es jetzt je zwei Lernklassen Deutsch, um die Kinder fit zu machen für die Regelklassen. Unterrichtet werden sie im Tandem von Dozenten der Volkshochschule und ukrainischen Lehrkräften. „Wir waren in der letzten Woche der Bezirk mit der kürzesten Warteliste auf einen Schulplatz, mittlerweile haben wir keine Warteliste mehr“, sagt Detlef Thietz, Leiter der Schulaufsicht in Mitte.

„Ein persönliches Gespräch bringt mehr“

Wie viele ukrainische Kinder noch kommen, wird sich jedoch erst nach den Sommerferien im August zeigen. „Ob wir alle unterbekommen, kann ich heute nicht sagen“, so Stefanie Remlinger. „Vor allem die Grundschulen machen uns große Sorgen. Wir können die Kinder ja nicht durch die ganze Stadt schicken.“ Die Stadträtin sucht darum weiter händeringend nach Räumen. „Ich mache momentan nichts anderes.“ Eine Alternative könnten die landeseigenen Oberstufenzentren (OSZ) sein. Hier ist der Senat auch bereits dran. Doch Remlinger will sich dorthin lieber selbst aufmachen: „Ein persönliches Gespräch bringt mehr.“ Im Fazit geht die Schulstadträtin aber dennoch davon aus: „Wir werden im nächsten Schuljahr auf Provisorien angewiesen sein.“

Berlin versorgt mittlerweile rund 4000 ukrainische Kinder und Jugendliche. 100 Willkommensklassen wurden für sie eingerichtet.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 234× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 993× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.141× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.030× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.