Das war das Jahr 2019 in der Zitadellenstadt
Aufreger, Ärgernisse und alte Zöpfe in Spandau
Spatenstiche, Polleralarm, Ärger um zurückgekaufte Wohnungen, Jubel-Jubiläen, Kostenexplosionen, zwei Milieuschutzgebiete und ein Wassertaxi: Es gab Ärgernisse und Erfreuliches, aber auch Innovatives im vergangenen Jahr. Unser Rückblick fasst die wichtigsten Ereignisse zusammen.
Januar: Das Schulamt stellt sein Konzept für Schulneubauten vor. Prognostisch braucht Spandau bis 2024 mindestens 1600 Schulplätze mehr. Vor allem die neuen Wohngebiete in der Wasserstadt und auf der Insel Gartenfeld haben Bedarf.
Spandau bekommt eine Kinder- und Jugendbeauftragte. Die Stelle war fast eineinhalb Jahre nicht besetzt, weil man intern um die Höhe des Gehalts stritt.
Der Senat entzieht dem Bezirksamt das Planungsrecht für den Siemens-Innovationscampus. Im Rathaus ist man überrascht und enttäuscht. Der Bezirk wollte das Mammutprojekt selbst wuppen.
Februar: Das Neubauvorhaben für die Wasserballarena am Kombibad Gatower Straße wird konkrekter. Der Senat bestätigt die Baupläne, lässt aber noch offen, ob ein separater Neubau entsteht oder das Kombibad lediglich erweitert wird.
Die Wilhelmstadt trauert um Volkmar Tietz. Der engangierte Spandauer stirbt im Alter von 71 Jahren. Im Kiez leitete er seit 2012 unter anderem ehrenamtlich das Sozialteam des Stadtteilladens an der Adamstraße.
Zwölf Monate nach der Testphase gibt das Bezirksamt bekannt: Die Weißenburger Straße soll an der Kreuzung zur Pichelsdorfer bis zum Umbau der Pichelsdorfer Straße dauerhaft gesperrt bleiben. Bis die behördliche Anordnung der Verkehrslenkung Berlin (VLB) kommt, dauert es aber noch bis Mitte Dezember. Die provisorische Absperrung der Straße kostet das Bezirksamt bis dahin rund 13 000 Euro.
März: Im Bezirk gründet sich die „Grüne Jugend Spandau“. Vier junge Leute im Alter von 16 bis 21 Jahren werden in den Vorstand gewählt.
Mustapha El Ouartassy gewinnt mit 30 Minuten und 46 Sekunden den Lauf der Sympathie. Der 28-Jährige ist für den 1. VfL Fortuna Marzahn gestartet. Der Lauf geht über zehn Kilometer von Falkensee nach Spandau und fand zum 30. Mal statt.
April: Der Bezirk stellt seine Machbarkeitsstudie für das Gewerbegebiet der ehemaligen „Alexander Barracks“ vor. Das 37 Hektar große Areal gehört dem Bund. Dort sollen unter anderem Wohnungen und ein Gesundheitscampus mit Ausbildungsakademie von Vivantes und Charité entstehen. Der Bezirk will das Areal soweit wie möglich als Gewerbestandort erhalten.
Der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn, Alexander Kaczmarek, kündigt das Revival der Siemensbahn für 2025 und damit fünf Jahre früher als geplant an. Im Juli bekommt die Bahn vom Senat die ersten zwei Millionen Euro. Damit beginnen nach der Bestandsanalyse die konkreten Planungen nebst Machbarkeitsstudie.
Im Heizkraftwerk Reuter ist ein Großversuch angelaufen. Vattenfall will testen, ob Strom in geschmolzenem Salz gespeichert werden kann.
Mai: Spandaus Finanzplaner geben bekannt: Der Bezirk hat das Haushaltsjahr 2018 mit einem Plus von rund drei Millionen Euro abgeschlossen. Acht Bezirke stehen noch besser da.
Die Charlottenburger Wohnungsbaugenossenschaft lädt zum ersten Spatenstich für 159 neue Mietwohnungen „Am Spektepark“.
Die Bezirksverordneten beschließen den Livestream aus der BVV. Bis der kommt, wird es aber noch Jahre dauern.
Das Sport Centrum Siemensstadt feiert 35. Geburtstag. 22 Abteilungen hat Berlins größte öffentliche multifunktionale Sportstätte heute. Schwerpunkt ist der Freizeit- und Gesundheitssport.
Juni: Ein Berliner Original verschwindet langsam auch aus Spandau: die Litfaßsäule. 16 sind schon abgebaut. Eine neue Einheitssäule soll sie ersetzen. Stehen bleibt nur, was unter Denkmalschutz steht.
1949 gründen einige Unternehmer einen lokalen Verein. 70 Jahre später ist die Vereinigung Wirtschaftshof Spandau Berlins größter privater Wirtschaftsverband. Das wird im Juni mehrfach gefeiert.
Juli: Spandau bekommt mit der „Altstadt/Neustadt“ und der „Wilhelmstadt“ seine ersten zwei Milieuschutzgebiete. Bevor sie formell festgesetzt werden, müssen aber noch tiefergehende Analysen folgen. Die Milieuschutzgebiete umfassen rund 3200 Häuser mit 30.000 Wohnungen und 44.000 Mietern. Die Linken fordern den Milieuschutz auch für Teile der Siemensstadt.
Die altersschwache historische Linde im Zitadellenhof wird gefällt. Ein junger Baum wächst nach. Laut Berliner Denkmalschutzliste (Bäume) und dem Naturschutzamt war die Linde rund 500 Jahre alt. Andere Baumexperten schätzen das Alter auf höchstens 300 Jahre.
August: Mit dem neuen Schuljahr kommt das Gratis-Mittagessen für Grundschüler. Weil an vielen Schulen wegen des Ansturms der Platz fehlt, muss vielerorts umgebaut und erweitert werden. An der Astrid-Lindgren-Grundschule lässt das Bezirksamt ein Zelt aufstellen. Später beschweren sich Eltern über Mäuse und Ratten, die übers Gelände laufen. Das Bezirksamt schickt Schädlingsbekämpfer.
Die Klosterstraße wird vom Brunsbütteler Damm bis zur Pichelsdorfer zur Tempo-30-Zone. Erhofftes Ziel: bessere Luft und weniger Lärm.
Im Bezirk starten die „Ballot Bins“ als Pilotprojekt. Die 14 Aschenbecher in der Wilhelmstadt und vor dem Rathaus sollen mithelfen, Spandaus Straßen von Zigarettenstummeln zu befreien – auf humorvolle Weise. Im November steht fest: 4000 Kippen kamen bis dato schon zusammen.
Der städtebauliche Wettbewerb für den Siemens Innovationscampus – werbeträchtig auch Zukunftsort Siemensstadt 2.0 genannt – läuft an. Enden soll er Anfang 2020.
Im Facility Management sind die Ausgaben um etwa 3,5 Millionen Euro auf das Doppelte explodiert – vor allem wegen der Rathaussanierung und der teuren Ämterumzüge (Mieten). Grüne und FDP werfen dem Bezirksamt Verantwortungslosigkeit vor und fordern eine strengere Kostenkontrolle.
September: Mit dem Wassertaxi zum Rathaus? Die Idee schlägt die CDU-Fraktion für die Pendler aus Gatow und Kladow vor. Das Taxi mit Elektroantrieb soll vom Imchenplatz bis zum Lindenufer tuckern. In der BVV geht der Antrag zwar einstimmig durch. Die Kostenfrage wird allerdings nicht diskutiert.
Die Fassade der Musikschule Spandau ist fertig saniert. Jetzt geht der Rohbau los.
Der Senat hat den Ausbau der U2 von Ruhleben über Rathaus Spandau bis ins Falkenhagener Feld weiterhin nicht auf seiner Verkehrsagenda. Das belegt ein Schreiben aus der Senatsverkehrsverwaltung an das Bezirksamt.
Polleralarm: Damit keine Autos mehr unberechtigt durch die Fußgängerzone in der Altstadt fahren, macht das Bezirksamt zwei Zufahrten dicht.
Oktober: Spandau soll zwei neue Flüchtlingsunterkünfte bekommen: an der Rauchstraße und am Askanierring auf dem Areal der „Alexander Barracks“. Anfang 2020 soll es an der Rauchstraße losgehen. 30 Jahre und länger könnte die Unterkunft dort stehenbleiben.
Am Wichernkrankenhaus wird ein neues Bettenhaus eröffnet. Knapp zwölf Millionen Euro hat die Johannesstift Diakonie in den Geriatrie-Neubau investiert.
Die Machbarkeitsstudie für das Rathaus liegt vor und mit ihr steht fest: Die Sanierung kostet einen Batzen Geld. 74,9 Millionen Euro, wenn man alles machen will. Insgesamt schlägt die Studie 15 Maßnahmen vor.
November: Neubau oder Sanierung? Für die Carlo-Schmid-Oberschule ist immer noch keine Entscheidung gefallen. Die Howoge erarbeitet noch den Bedarfsplan – in Abstimmung mit Bezirksamt und Schule – der dann in einem Sanierungskonzept mündet. Ob die Schule abgerissen oder weiter saniert wird, entscheidet der Senat.
Spandaus ältestes Familienunternehmen in der Altstadt wird 130 Jahre alt. Das feiert „Juwelier Brose“ mit einer großen Jubiläumsfeier und einer Ausstellung.
Auf dem Reformationsplatz werden die Bauarbeiten doch erst 2020 beginnen. Die Angebote der Baufirmen sind dem Bezirksamt zu teuer. Die Baumaßnahme muss neu ausgeschrieben werden.
Dezember: Die Gewobag bestätigt: Sie hat die rund 3400 Wohnungen nördlich der Heerstraße zum 1. Dezember in ihren Bestand übernommen. Das Land Berlin hatte die Sozialwohnungen bereits im September von der ADO zurückgekauft. Erst danach wird bekannt: Die Mieter bekamen vorher trotz Mietendeckel noch eine Mieterhöhung und ein Teil der Wohnungen ist asbestbelastet.
Die Spandauer Schleuse ist nach der Havarie im Sommer repariert. Zunächst heißt es, sie solle ab sofort wieder nutzbar sein, dann ist von einer Funktionsprobe Anfang Januar die Rede.
Der Bezirk vergibt wieder seine höchste Ehrung: die Spandauer Ehrennadel. Sie geht in diesem Jahr an fünf Frauen. Denn das Frauenwahlrecht feierte 2019 sein 100-jähriges Jubiläum.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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