Können die Bühnen das überleben?
Kultursenator Klaus Lederer nimmt Bund in die Pflicht

Die Verwaltung arbeitet noch, ansonsten geht im Moment in der "Bar jeder Vernunft" wegen der Corona-Krise nichts mehr, wie ein Schild verkündet. | Foto: Matthias Vogel
  • Die Verwaltung arbeitet noch, ansonsten geht im Moment in der "Bar jeder Vernunft" wegen der Corona-Krise nichts mehr, wie ein Schild verkündet.
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Spielpause vorerst bis zum 19. April. Für den Kultursektor hat die Corona-Krise dramatische Folgen. Künstler müssen an ihr Erspartes, kleine wie große Bühnen mussten ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Kultursenator Klaus Lederer fürchtet ein Betriebssterben und nimmt deshalb den Bund in die Pflicht.

Die Ku’damm-Bühnen im Schiller Theater traf das Veranstaltungsverbot ins Mark. Mit Katharina Thalbachs Inszenierung von „Mord im Orientexpress“ war das ohnehin krisengeschüttelte Theater ein großes Wagnis eingegangen, aber es schien, als hätten Theaterchef Martin Woelffer und sein Team auf die richtige Karte gesetzt: Der Vorverkauf lief blendend, die Einnahmen stimmten, die Stadt hing voller Plakate, die Medien interessierten sich für die Inszenierung, zur Premiere hatten sich zahlreiche Prominente aus Politik und Kultur angemeldet. Nun ist erst einmal alles verschoben und das Theater verwaist. „Das ist für mich, mein Team, das Ensemble und alle anderen, die an der Produktion beteiligt waren, schmerzhaft und sehr, sehr traurig, denn wir Theaterleute haben gelernt, dass der Vorhang jeden Abend hochgehen muss“, fasst Woelffer die Stimmung an seinem Haus zusammen.

Er und sein Co-Geschäftsführer Michael Forner haben längst für das gesamte Team und auch das Ensemble Kurzarbeit beantragt. „Das ist uns nicht leicht gefallen, aber uns blieb keine andere Wahl. Wir arbeiten mit aller Kraft daran, die Zukunft für unser Theater zu sichern. Ich stehe in engem Kontakt mit der Privattheatergruppe des Deutschen Bühnenvereins sowie mit Klaus Lederer und seinem Staatssekretär Torsten Wöhlert. Mit großer Zuversicht sehe ich, wie sehr sie sich für den Erhalt der Berliner Kultur ins Zeug legen“, sagt Woelffer. Die Belegschaft des Schiller Theaters ist freilich nicht die einzige, der im Moment nur die Zuversicht und Kurzarbeitergeld bleiben. Kulturstätten wie etwa der Kunstbunker am Hohenzollerndamm oder das Renaissance Theater in der Knesebeckstraße sind ebenfalls in Schockstarre. Ausdruck der Verzweiflung sind die Spendenaufrufe auf nahezu jeder Veranstalter-Homepage.

Dauerhaft keine Planungssicherheit

Die beiden Unterhaltungstheater „Tipi am Kanzleramt“ und die „Bar jeder Vernunft“ in der Schaperstraße haben auch seit dem 13. März geschlossen. Alle Mitarbeiter sollen gehalten werden, sind aber auch in Kurzarbeit geschickt worden. „Wir wissen nicht, wie lange diese Phase anhalten wird, wir können nur in kurzen Abständen planen. Wir werden die erste Zeit zu Reparatur- und Aufräumarbeiten nutzen, so ermöglichen wir einigen, das Kurzarbeitergeld aufzubessern.“ erklärte Lutz Petrick von der Geschäftsleitung bei der „Betriebskrisenversammlung“. Unbegrenzt könnten die beiden Häuser die Zeit ohne Einnahmen nicht durchhalten, versicherte Direktor Holger Klotzbach. „Die Privattheater werden sehr schnell auf Unterstützung angewiesen sein.“

Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) sieht es genauso und fordert die Bundesregierung dazu auf, bei der Förderung der Kulturbetriebe deren Besonderheit zu berücksichtigen. Sie seien die Ersten gewesen, die schließen mussten und würden vermutlich die Letzten sein, die wieder öffnen. Für sie gebe es gegenwärtig keinerlei Kompensationsmöglichkeiten, um Einnahmen zu erzielen.

„Systemrelevante Branche“

Ausgefallene Aufführungen, Programme und Kartenerlöse ließen sich – anders als in anderen Branchen – nicht nachträglich wieder „hereinholen“, sie seien für alle Zeit verloren, schreibt Lederer in einer Pressemitteilung vom 6. April. Deshalb seien Zuschüsse zur Liquiditäts- und Existenzsicherung im Kultursektor zwingend erforderlich, Kredite würden nicht weiterhelfen. Das müsse sich in den neu zu konzipierenden Soforthilfen des Bundes abbilden.

„Es kann nicht sein, dass die Autoindustrie, die Landwirtschaft und andere Branchen die besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung des Bundes erfahren, während die Kulturinstitutionen unseres Landes den Bach heruntergehen. Kultur ist systemrelevant und existenziell bedroht“, schreibt Lederer.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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