Straßenbäumen geht es schlecht
Der Bezirk ist bei Bewässerung auf die Hilfe der Bürger angewiesen
Auf die Schelte unseres Lesers Wolfgang Seitz hin hat Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen) den Zustand des Straßenbaumbestandes im Bezirk in Folge der anhaltenden Trockenheit als „dramatisch“ beschrieben. Personal- und Geldmangel ließe daran nur relativ wenig ändern.
Woran es denn liege, dass die Bäume nicht gewässert werden, fragte Wolfgang Seitz. Am Geld könne es nicht liegen, der Senat habe schließlich „Millionen“ bereitgestellt. Warum keine Gießaktionen mit der Berliner Stadtreinigung (BSR), der Feuerwehr oder dem Technischen Hilfswerk organisiert würden, wollte er wissen. Schruoffenegers Verhalten sei nicht zu akzeptieren, koste Ressourcen und schade der Umwelt in „immer wärmer werdenden Zeiten“. Seitz hatte seine Beschwerde an den Stadtrat mit „im Auftrag“ unterschrieben. Tatsächlich ist er ein einzelner, wenn nach eigenen Angaben auch ein „gut vernetzter“ Bürger. Doch das Thema bewegt natürlich nicht nur ihn, und Schruoffeneger reagierte.
Recht bekam Seitz von ihm bezüglich des Zustandes der rund 42 000 Straßenbäume im Bezirk – in der dritten zu trockenen Vegetationsperiode in Folge: „Es sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um den Straßenbaumbestand in Zeiten des Klimawandels dauerhaft zu sichern. Dies wird aber unabhängig von der Intensität der Bewässerung nicht mit allen Baumarten gelingen“, antwortete Schruoffeneger. Die Birken im Stadtgebiet seien in den vergangenen drei Jahren fast flächendeckend abgestorben. Einige andere als heimisch erachtete Baumarten drohe das gleiche Schicksal. „Wichtig ist es daher, sehr zügig Bäume zu pflanzen, die gegen die neuen Schädlinge, Hitze und Trockenheit eine hohe Resilienz haben.“ Daneben seien erhebliche Bewässerungsaktionen notwendig.
Glücklicherweise würden sich viele Bürger engagieren. Das Stadtexperiment „City Lab“ habe unter der Internetadresse giessdenkiez.de eine App entwickelt, die dabei eine sehr gute Hilfestellung leiste.
Irrtum attestierte der Stadtrat allen, die den Bezirk bezüglich der Baumpflege finanziell bestens ausgestattet wähnen: „Sie haben über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren einen Betrag im Bereich zwischen 45 und 50 Euro pro Straßenbaum und Jahr bekommen. Der bundesweite Richtwert lag immer über 80 Euro. Über die Jahre hinweg haben sich dadurch erhebliche Pflegerückstände ergeben, zu Lasten der Sicherheit. Aus 60 Prozent unserer Bäume muss dringend Totholz entfernt werden, damit es nicht herabstürzt.“ Mit dem Haushalt 2020/21 habe das Abgeordnetenhaus diese finanzielle Unterausstattung nun beseitigt und den Bezirken die bundesweit üblichen 82 Euro pro Baum bereitgestellt. „Damit können wir endlich wieder aktiv werden. Ich habe in diesem Jahr schon Aufträge über rund 1,5 Millionen Euro erteilt, um Totholz zu entfernen und eine angemessene Baumpflege vorzunehmen.“
Diese Summe reiche aber natürlich nicht aus, um außergewöhnliche Umstände wie Hitzeperioden oder Sturmschäden auszugleichen. Die BSR oder die Wasserbetriebe würden das Wässern mit 80 Euro pro Baum abrechnen. „Bei rund 42 000 Straßenbäumen wird deutlich: Selbst wenn wir die gesamte Erhöhung der Zuweisung nicht für die Baumpflege, sondern für die Bewässerung ausgeben würden, könnten wir damit nicht einmal jeden zweiten Baum einmal pro Jahr wässern“, rechnete Schruoffeneger vor. Der Bezirk bemühe sich daher, die notwendigen Wässerungen mit eigenem Personal abzusichern und freue sich über die weitere Unterstützung von Anwohnern, die zum Glück sehr aktiv seien.
Über eine Hilfestellung für die Bürger bei ihrem ehrenamtlichen Engagement wiederum dreht sich auch ein Antrag der SPD-Fraktion in der nächsten Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag, 18. Juni, um 17.30 Uhr in der Gretel-Bergmann-Sporthalle.
Autor:Matthias Vogel aus Charlottenburg |
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