"Die Gespräche sind das Schönste!"
Heidis Spielzeugladen feiert 45-jähriges Bestehen

Heidi Mallmann liebt hochwertige Produkte für Kinder. Eine Firma etwa lässt Baustellenfahrzeuge aus Holz in einer Behindertenwerkstatt fertigen. "So etwas unterstütze ich gerne", sagt sie.  | Foto: Matthias Vogel
  • Heidi Mallmann liebt hochwertige Produkte für Kinder. Eine Firma etwa lässt Baustellenfahrzeuge aus Holz in einer Behindertenwerkstatt fertigen. "So etwas unterstütze ich gerne", sagt sie.
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Die Lockerungen der Ladenöffnungszeiten in der Corona-Krise kamen eigentlich zu spät. Heidis Spielzeugladen an der Kantstraße ist am 4. April 45 Jahre alt geworden. Nicht so schlimm für Betreiberin Heidi Mallmann. Sie ist froh, überhaupt wieder verkaufen zu dürfen, und die Geburtstagssause wird einfach nachgeholt.

Die Tür geht auf, es wird dunkel in der kleinen Ladenzeile mit der Hausnummer 61. Ein baumlanger Kerl kommt herein und ehe ihn Heidi Mallmann so richtig mustern kann, sagt er: „Kennst du mich nicht mehr? Ich bin es, das kleine Fritzchen!“ Ein Beispiel, das ihren Laden passend charakterisiert. Denn solche Begegnungen erlebe sie häufig, sagt sie. Weil sie seit 45 Jahre exakt an der gleichen Stelle ein bestimmtes Sortiment an Kinderspielzeug verkauft, kommen heute Menschen als Kunden zu ihr, denen schon als Kind in ihrem Laden die Augen leuchteten. Nur an eine Änderung musste sich ihre Klientel wirklich gewöhnen. Etwa vor 30 Jahren übernahmen die Mallmanns den benachbarten Raum einer Boutique, erweiterten also die Verkaufsfläche per Durchbruch. „Die gehörte einem Israeli, der von heute auf morgen verschwand und 10 000 Mark Mietschulden hinterließ. Die habe ich beglichen und durfte deshalb die Fläche dazunehmen“, sagt Heidi Mallmann.

Ansonsten war und ist ihr Trumpf „Ehrlichkeit und Verlässlichkeit“. Eigentlich als Erzieherin ausgebildet, fand sie für ihre kleinen drei Töchter, Nina, Anja und Nora in den gängigen Geschäften kein aus ihrer Sicht wirklich schönes Spielzeug. Also liehen sich sie und ihr Mann Geld von den Eltern und gründeten einen eigenen Laden. Von Beginn an setzten sie auf Spielzeug aus unbehandeltem Holz und Kinderbücher. Freilich ist das Sortiment größer, aber alle Artikel haben eines gemein: Sie sind hochwertig und schnörkellos – und müssen vererbbar sein. „Puppen machen bei mir keine Geräusche oder Pipi“, sagt Heidi Mallmann. Der Wunsch dahinter: „Kinder sollen doch selber kreativ werden.“ Besonders an Bauklötzen aus Holz sei sehr schön zu sehen, dass das funktioniere. „Die spielen damit einfach darauf los. Großartig.“

Manchmal wird vom Kauf auch abgeraten

Mallmann ist eine Frau in den 70ern, verschließt sich aber keineswegs moderneren oder ganz neuartigen Spielzeugen. „Lego oder Playmobil ist auch toll. Aber wir sind uns eben immer treu geblieben und haben auch keinen Platz dafür.“ Auch wenn eine Firma eine neue gute Idee hat, verkauft Mallmann das Produkt gerne. So wie das wirklich erste Malbuch für Kinder. Ein Leporello, das ausschließlich mit schwarz-weißen Motiven um die Ecke kommt. Erst mit sieben Wochen kann ein Säugling die Farbe rot sehen, die Eltern können das Buch dann an beliebigen Stellen rot ausmalen, je nach Sehvermögen des Babys kommen die anderen Farben später dazu. Ehrlichkeit sei auch wichtig, findet Mallmann. Zu viel Spielzeug für Kinder sei überhaupt nicht gut. „Da kann man auch einmal vom Kauf abraten.“

Außer die Kinder von damals, die heute ihren Kindern eine Freude machen wollen, treibt es die Kunden aus ganz unterschiedlichen Gründen in Heidis Spielzeugladen. „Manche haben eine Stunde Anfahrt, kaufen aber nur eine Kleinigkeit. Für sie zählt das Erlebnis“, sagt sie. Das bekämen sie aus Gesprächen mit ihr oder ihren Angestellten. Eine Kundin hätte sie einfach mal zum Runterkommen besucht. „Sie sagte, sie müsse bei all der Hektik da draußen mal eben etwas Schönes sehen“, berichtet Mallmann und lacht.

Nachhaltig zum Stadtbild beigetragen

„Die Gespräche sind das Schönste! Und wer hier reinkommt, wird nicht zum Kauf gedrängt.“ Ihre Mitarbeiter seien entsprechend gebrieft. „Sie kommen eigentlich alle aus anderen Branchen. Aber menschlich muss es passen“, sagt sie. Sie ist merklich stolz, mit ihrem Laden nachhaltig zum Stadtbild beigetragen zu haben. Auch wenn sie sich in der Nachbarschaft gerne einmal andere Geschäfte wünschen würde als Spielotheken oder ein Restaurant namens „Vendetta“. „Verstehe nicht, wie man das zulassen kann. Weiß doch jeder, dass das Blutrache heißt.“ Gerne würde sie ihr Geschäft fortgeführt wissen, wenn sie es nicht mehr kann oder möchte. „Wenn Anja eine passende Bleibe in der Nähe fände, würde sie es übernehmen. Ansonsten würde ich mich um eine Lösung innerhalb der Belegschaft bemühen.“

Am Tag der Wiedereröffnung wurden innerhalb der ersten Stunde Waren im Wert von vier Euro verkauft. „Ich dachte: Oweia!“ Eine weitere Stunde später war sie ihre Sorgen los, die Belegschaft eines Kindergartens rückte an und kaufte für 500 Euro ein. „So ist es eigentlich immer. Auf und ab. Aber insgesamt immer gut“, sagt Heidi Mallmann.

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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