Mit Kroko gegen den bösen Keim
Fünf Neuköllner Einrichtungen dürfen sich "Kita mit Biss" nennen
Die erste „Kita mit Biss“ liegt an der Rütlistraße 7. Hier wird sich sorgfältig ums Zähneputzen gekümmert. Das beweist ein Zertifikat, dass die Einrichtung am 6. März erhalten hat.
Zur Übergabe kamen viele Gäste, die Kinder hatten aber nur Augen für das kuschelige Kroko mit den großen Beißern. „Da steckt ja ein Mensch drinnen“, ruft ein Knirps. Aber das ist offenbar schnell vergessen. Alle wollen den grünen Gesellen einmal anfassen, streicheln und ihm etwas zuflüstern.
Kroko hat eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Aber zuvor spricht Leyla Cam mit den Kindern über das Zähneputzen. Sie ist eine der zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins Landesarbeitsgemeinschaft Berliner zur Verhütung von Zahnerkrankungen, die für die Neuköllner Kitas zuständig sind.
Tägliche Routinen
Schnell hat Leyla Cam den Mädchen und Jungen entlockt, was sie alles für die Mundhygiene brauchen: Bürste, Pasta, Becher, Wasser. Damit alle Abläufe im Gedächtnis bleiben, hat sie mit den Kleinen ein Lied geübt und demonstriert dabei am Krokodil, wie es geht: „Hin und her, Zähneputzen ist nicht schwer, rundherum, Zähneputzen ist nicht dumm, schwuppidiwupps, gib dem Krümel einen Schubs.“ Dann dürfen sich einige Mädchen und Jungs an dem knuffigen Reptil versuchen. Nachdem dieses ein garantiert blitzsauberes Gebiss hat, begleitet es die Kinder in den Waschraum. Dort greifen sie dann zu den eigenen Bürsten und Bechern.
Grundsätzlich stehe Deutschland in Sachen Zahnhygiene international sehr gut da, rund 80 Prozent der Zwölfjährigen sei kariesfrei, sagt Andreas Dietze, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft. Was dabei bemerkenswert ist: Fast die Hälfte aller kariösen Defekte, die bei der Einschulung festgestellt werden, ist bereits in den ersten drei Lebensjahren entstanden.
Auch Milchzähne zählen
Die recht weit verbreitete Meinung, dass es bei den Milchzähnen nicht so darauf ankomme, ist also grundfalsch. „Der böse Keim ist schnell gelegt“, so Dietze. Er empfiehlt dringend, dass Mütter und Väter ab dem ersten Zahn putzen und auch frühzeitig mit dem Nachwuchs zum Zahnarzt gehen. „Der kann den Eltern wichtige Tipps geben, und das Kind wird langsam mit der ungewohnten Situation vertraut.“ Doch genau bei den unter drei Jahre alten Neuköllner Mädchen und Jungen habe die Karies in der letzten Zeit zugenommen, sagt Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU). „Das kann nicht nur zu Schmerzen, sondern schlimmstenfalls auch zu Sprachstörungen führen.“
Manche Kitas verzichteten jedoch inzwischen ganz darauf, die Kleinen zum Zähneputzen nach dem Essen anzuhalten. Einige würden hygienische Gründe angeben, anderen fehle schlicht das Personal. Hier setzt das Programm „Kita mit Biss“ an. Wer das Zertifikat haben möchte, verpflichtet sich zur Einhaltung einiger Regeln. Das sind neben der Zahnreinigung nach der Hauptmahlzeit zum Beispiel das Bereitstellen von zuckerfreien Getränken und das möglichst frühe Abgewöhnen der Nuckelflasche.
Verantwortung tragen die Eltern
Karies sei zu einer sozialen Erkrankung geworden und auch kulturelle Faktoren spielten eine Rolle, so Dietze. So sei bei Müttern und Vätern mit türkischen und arabischen Wurzeln die besagte „ewige Plastiknuckelflasche mit gezuckertem Tee oder Saft“ sehr beliebt. Auch russische Eltern verabreichten ihren Sprösslingen oft zu viel Süßes. Doch selbst sehr gesundheitsbewusste Eltern sind in seinen Augen vor Fehlverhalten nicht gefeit. So lehnten einige Flourid-Zahnpasta ab. Die meisten Experten halten jedoch Flourid für das einzige wirksame Mittel gegen die Zahnfäule.
Neben dem Haus an der Rütlistraße erhalten vier weitere Einrichtungen das Zertifikat: die Kita Kleiner Fratz “Wutzykfratz” am Joachim-Gottschalk-Weg 3, die Kleine Kita Mittendrin, Fuldastraße 50, die Kita Piratennest, Neuköllner Straße 226, und die evangelische Kindertagesstätte Martin Luther, Fuldastraße 48.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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