Hier wird Kiezpolitik gemacht
Am 26. September wählen Neuköllner ab 16 Jahren die neue Bezirksverordnetenversammlung
Wirklich große Politik wird im Bezirksamt selten gemacht, aber doch so manche Weiche gestellt und über viele Dinge entschieden, die vor der eigenen Haustür passieren. Und es gibt für Einwohner Möglichkeiten, sich einzumischen.
Jeder sollte also am 26. September auch bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) genau abwägen, wem er seine Stimme gibt. Denn je nach Stärke der Fraktionen setzt sich das Bezirksamt zusammen, das aus dem Bürgermeister und den Stadträten besteht. Momentan besetzt die SPD zwei Posten, die CDU und Bündnis 90/Die Grünen jeweils einen. Der Stadtrat, den die AfD stellen durfte, hat inzwischen zweimal die Partei gewechselt. Nach einem Gastspiel bei der CDU gehört er nun den Freien Wählern an. Gewählt wird das Bezirksamt von den 55 Bezirksverordneten. In der Regel treffen sie sich einmal im Monat zu einer Sitzung. Dort stellen sie Anfragen ans Bezirksamt, bringen Anträge ein und stimmen über sie ab. Besteht Bedarf nach einer intensiveren Diskussion oder dem Hinzuziehen von Experten, werden die Anträge in Fachausschüsse überwiesen. Dorthin entsenden die Fraktionen gemäß ihrer Stärke Mitglieder, die sich mit dem jeweiligen Thema gut auskennen.
So weit läuft es also ähnlich wie in einem echten Parlament. Der große Unterschied: Die BVV kann keine Gesetze beschließen. Immerhin entscheidet sie aber über den Bezirkshaushalt und über Bebauungspläne. Entgegen der Meinung vieler arbeiten die Mitglieder übrigens nicht ohne Bezahlung. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 15 Prozent der Diät eines Berliner Abgeordneten, das sind 975 Euro monatlich plus Sitzungsgelder.
Wie aber kann ein normaler Bürger sich in die Lokalpolitik einmischen? Erst einmal sind die Sitzungen der BVV und der Ausschüsse in der Regel öffentlich. Alle Interessierten können zuhören, haben allerdings kein Rederecht. Doch zu Beginn jeder BVV gibt es eine Einwohnerfragestunde. Wer etwas vom Bezirksamt wissen möchte, gibt seine Frage ein paar Tage zuvor im Büro des BV-Vorstehers im Neuköllner Rathaus ab.
Möglich ist es auch, sich an die Ausschussvorsitzenden zu wenden. Wer sich beispielsweise von Behördenmitarbeitern schlecht behandelt fühlt, ist beim Ausschuss für Eingaben und Beschwerden richtig. Wem der verwahrloste Park nebenan stinkt, kontaktiert den Grünflächenausschuss. Natürlich können auch einzelne Fraktionen um Unterstützung gebeten werden – zum Beispiel bei den Bürgersprechstunden, die fast alle regelmäßig anbieten. Für ältere Menschen gibt es außerdem Ansprechpartner bei der bezirklichen Seniorenvertretung, die in engem Kontakt mit der BVV steht und Wünsche oder Probleme weiterleitet.
Ein weiteres Mitwirkungsinstrument ist der Einwohnerantrag. Dazu sind 1000 Unterschriften nötig. Sind sie gesammelt, müssen sich die Bezirksverordneten mit dem jeweiligen Anliegen befassen. Noch mehr Druck kann mit einem Bürgerbegehren gemacht werden: Wenn drei Prozent der Wahlberechtigten im Bezirk eine bestimmte Forderung mit ihrer Unterschrift unterstützen, sind die Verordneten verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten darüber abzustimmen. So geschehen bei der Rekommunalisierung der Schulreinigung, die breite Zustimmung fand. Schließlich kann auch eine Einwohnerversammlung beantragt werden, bei der die Bevölkerung zu einzelnen Themen informiert wird. Sie findet statt, wenn ein Drittel der Bezirksverordneten zustimmt.
Weitere Informationen zur Neuköllner BVV gibt es auf https://bwurl.de/175d.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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