Wo man den Bezirk essen kann: „Urban Gardening“ erreicht die City West

Selbstversorgerszene im Aufwind: Auch am Nikolsburger Platz erhoffen sich Bürger reiche Ernte. | Foto: Thomas Schubert
  • Selbstversorgerszene im Aufwind: Auch am Nikolsburger Platz erhoffen sich Bürger reiche Ernte.
  • Foto: Thomas Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Charlottenburg-Wilmersdorf. Tomatenzüchten auf Brachen, Äpfelpflücken neben Sandkästen, Kräutersammeln auf Parkwiesen: Solch bäuerlichen Spielarten des Großstadtplebens will die Verwaltung zum Teil entgegenkommen. Aber sind all die gärtnerischen Wünsche realistisch?

Die Saat im nächstbesten Beet vergraben, ordentlich wässern und schließlich mit eigener Hand ernten. Kann es so einfach sein? Ja und nein, muss die Antwort lauten. Ein zwiespältiges Ergebnis lag am Ende vor, nachdem das Bezirksamt seine Vorstellungen vom „essbaren Bezirk“ mit denen der Hobbygärtner abglich.

Die Konferenz am Nikolsburger Platz brachte alle zusammen, die im Stadtgebiet zwischen Grunewald und Zoo in Sachen „Urban Gardening“ Rang und Namen haben. Da warb Stadtplanerin Beate Wendland dafür, Smoothies aus Wildkräutern zu mixen. Da schilderte die Paula-Fürst-Schule ihre Landbau-Aktivitäten am Kracauerplatz. Da beschrieb Henning Voget vom Ziegenhof an der Danckelmannstraße, wie man Mirabellen erntet, ohne sich um das Obst zu zoffen – immerhin weilen an Spätsommertagen gerne über 200 Anwohner in der Kiezoase. „Man muss vorher einen Termin für das Wetternten bekanntgeben“, nannte er die Lösung. „Dann sind alle gleichzeitig vor Ort und niemand schnappt dem anderen vorzeitig etwas weg.“

Nicht jedes Gelände geeignet

Generell soll nach Vogets Ansicht in Sachen „essbarer Bezirk“ eine klare Devise gelten: „Wir Bürger sind die Spieler, die Behörden sind nur Mitspieler.“ Nun hat aber natürlich auch die Verwaltung ihre Sicht auf die Gärtnerfreude auf Plätzen, in Höfen und Brachen. Ziemlich ungeeignet seien stark genutzte Erholungsorte in Citylage, wo sich viele Nutzerinteressen überschneiden, warnte Walter Schläger. Als Leiter des Grünflächenamts empfiehlt er zum Beackern lieber „befriedete Grundstücke“, also Schulflächen oder Kleingärten.

Ob Spielplätze auch dazugehören sollen? Da waren die Experten uneins. So warnte ein Kritiker davor, dass Kinder Obstbäume womöglich nicht gründlich genug beernten. Die Folge: Fallobst lockt Wespen und Ratten an. Eine Ansicht, der andere Konferenzteilnehmer insofern nicht zustimmen, da sie Ernteflächen festen Paten zuordnen wollen. Gerne auch sehr jungen.

Carsten Knobloch vom Verein Parkhaus Lietzensee überlegt schon seit Längerem, wie man den Trend zum großstädtischen Gärtnern am Parkwächterhäuschen aufgreifen und in die Hände von Jugendlichen legen kann, ohne den Denkmalschutz zu verletzten. Denn in der Tat lässt sich im Bereich eines Gartendenkmals wie dem Lietzenseepark kein Feld bestellen. Aber nebenan auf einer Freifläche an der Kuno-Fischer-Straße sollte doch ein Projekt möglich sein? Stadtrat Marc Schulte (SPD) will eine Nutzung prüfen und verspricht, die einzelnen Aktivitäten künftig auf einer Internetseite vernetzen zu lassen. „Dort richten wir eine Funktion zum Anbieten und Suchen ein“, nannte Schulte den Plan.

Blumen am Nikolsburger Platz

Zugleich brachte er den Anwohnern und Stadtgärtnern am Nikolsburger Platz eine frohe Kunde: Nach jahrelanger Dürre wird das Bezirksamt diesen Ort ab sofort wieder mit einer prächtigen Blütenlandschaft ausstaffieren. Eine Budgeterhöhung im Bezirkshaushalt um 500 000 Euro für 2016 bedeuten das Ende des eisernen Sparens am floralen Schmuck. Und damit es keine Missverständnisse gibt: Die Blumen am Nikolsburger Platz sind nicht zum Essen da, sondern nur zum Betrachten. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 749× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 779× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 470× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 42.500 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade und Mariendorf. Damit können weitere rund 42.500 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt zwei Millionen Anschlüsse in Berlin zu ermöglichen. Schnell sein...

  • Frohnau
  • 11.12.24
  • 919× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.846× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.