Die Spree ist der Weg
Workshop diskutierte Zukunft der Club- und Kreativkultur

Rund ein Drittel aller Clubs befindet sich rund um die Spree zwischen Mitte und Rummelsburg. | Foto: Thomas Frey
4Bilder
  • Rund ein Drittel aller Clubs befindet sich rund um die Spree zwischen Mitte und Rummelsburg.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Die Clubszene der Stadt war und ist eines der wichtigsten Aushängeschilder für das weltweite Image des hippen Berlins. Auch die Kreativwirtschaft hat dazu ihren Teil beigetragen. Beide werden aber schon länger Opfer ihres Erfolgs.

Angesagte Adressen oder noch vorhandene Flächen sind auch für die Immobilienwirtschaft lukrativ. Das Ruhebedürfnis mancher Nachbarn ist dem Clubbetrieb auch nicht immer zuträglich. Die Szene befindet sich in einem Abwehrkampf. Denn: "Stadt essen Kultur auf".

So lautete der Titel eines zweitägigen Workshops im Radialsystem, der sich am 20. und 21. Februar mit diesen Problemen und möglichen Lösungsansätzen beschäftigt hat. Initiiert wurde er von Tim Renner, dem ehemaligen Kulturstaatssekretär. Teilnehmer waren direkt Betroffene, etwa die Clubkommisson, Vertreter aus der Politik, Kulturschaffende, Stadtplaner, Wirtschaftsvertreter, sogar die Polizei. Ein wichtiges Resultat der Beratungen: Die Spree ist der Weg. Entlang des Flusses finde sich der Ort für kreative Freiräume – schon jetzt durch eine geballte Club-Ansammlung zwischen Alter Münze und Rummelsburger Bucht. Sie biete aber auch Potential weiter stadtauswärts in Richtung Oberschöneweide und Köpenick. Das alles ist verbunden durch einen öffentlichen Nahverkehr auf dem Wasser.

Manche Versatzstücke dieser Idee sind nicht neu. Andere Foren und Initiativen haben sich bereits ähnliche Gedanken gemacht. Neu sei jetzt, sie in einem Konzept zu bündeln und damit vor allem offensiv zu werden, meinte Tim Renner. Denn bisher müsse meist auf Verdrängungsversuche reagiert werden.

Zehn Prozent für die Soziokultur

Nicht nur die Stadtplanerin Ute Schneider sah an der Spree noch enormes Potential. Manche Brachen könnten noch nutzbar gemacht werden. Auch für Bewohner umliegender Kieze. Dass diese Vision von der Stadtmitte nach außen führe, hatte nicht nur für sie zusätzlichen Charme. Und das alles solle unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen stattfinden. Entscheidend sei die Frage, wie der Raum optimal genutzt werden kann.

Dabei sind noch einige Details zu klären. Wohlwollend sei aber bereits die Replik aus der Politik gewesen, wird beteuert. Zumindest bei der Präsentation der Vorschläge bei den drei Staatssekretären Torsten Wöhlert (Linke, Kultur), Christian Rickerts (Bündnis90/Grüne, Wirtschaft) und Frank Nägele (SPD, Senatskanzlei) sowie dem Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Nicht nur sie sollen und müssen auch im weiteren Verlauf eine wichtige Rolle spielen. Die Lenkung dieses Großvorhabens solle bei einer Art Intendanz, angesiedelt beim Regierenden Bürgermeister, liegen, war ein Wunsch. Bei künftigen Bauvorhaben sollten zehn Prozent für die Soziokultur zur Verfügung gestellt werden.

Involviert werden müssten aber auch noch andere Akteure. Das beginnt schon damit, dass es sich bei der Spree um eine Bundeswasserstraße handelt. Außerdem befinden sich viele Uferflächen in privatem Besitz. In diesem Zusammenhang wurden auch Ideen von Public Private Partnership in die Debatte geworfen.

Das RAW-Gelände als Vorbild

Eine zumindest kleine Blaupause, wie das alles möglicherweise funktionieren könnte, bot der Aushandlungsprozess für das RAW-Gelände. Wie mehrfach berichtet, stand dort als Ergebnis eines langen Verfahrens, dass die Kurth-Gruppe, als größter Eigentümer des Areals, einige Neubauprojekte verwirklichen kann. Einschließlich eines Riesenhochhauses an der Warschauer Straße. Im Gegenzug hat sie sich dazu bereit erklärt, das sogenannte soziokulturelle L einschließlich günstiger Mietkonditionen zu erhalten. Die Kurth-Gruppe, namentlich Juniorchef Lauritz Kurth, war außerdem der Finanzier des Workshops. Nicht nur deshalb galt die jetzt skizzierte RAW-Zukunft auch als eine Art "Impulsgeber".

Allerdings mit einigen Unterschieden, auf die Tim Renner verwies. Zum einen, weil seine Runde das große Ganze in den Blick genommen hätte. Zum anderen wäre das Verfahren beim RAW bereits viel weiter fortgeschritten. Das befinde sich inzwischen in der Phase des Aufstellungsbeschlusses für einen Bebauungsplan. Aber wie eine in die Zukunft weisende Nutzungsmischung, der Umgang und die Auslastung vorhandener Fläche und der kulturelle Erhalt bewerkstelligt werden könne, das habe dieses Verfahren aufgezeigt. Wenn auch nicht in vollständigem Einvernehmen. Einige Initiativen stellen sich auch beim RAW weiter gegen den Kompromiss.

Ähnliches sei natürlich auch beim skizzierten Spreeweg nicht auszuschließen, räumten Teilnehmer der Renner-Runde ein. Alle hinter ein Projekt zu versammeln, werde wahrscheinlich nie erreicht. Um aber möglichst viele mitzunehmen sei wichtig, wie diese Vision künftig angegangen und konkretisiert werde.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 181× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 138× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 189× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.522× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.