Flanieren auf der Friedrichstraße
SPD will, dass Senat einen Masterplan erarbeitet / Standortverein nennt Idee "Traumtänzerei"
Die SPD will die Friedrichstraße vom gleichnamigen Bahnhof bis zum Checkpoint Charlie zur Fußgängerzone machen. Über den Antrag soll noch vor der Sommerpause im Parlament abgestimmt werden.
An einem Adventssonntag vergangenen Dezember war ein kleiner Teil der Friedrichstraße schon einmal für ein paar Stunden Bummelzone. Jetzt will die SPD-Fraktion eine dauerhafte Fußgängerzone auf der Einkaufsmeile. Die Fraktionsspitze steht hinter dem Antrag „Verkehrsberuhigung Friedrichstraße – Einrichtung einer Fußgängerzone in einem Abschnitt der Friedrichstraße“ und „findet das toll“, wie Tino Schopf sagt. Der Verkehrsexperte der SPD-Fraktion hat den Antrag erarbeitet. Wenn die Koalitionspartner von Grünen und Linken zustimmen, soll er noch vor der Sommerpause im Abgeordnetenhaus eingebracht werden.
Die Idee ist, erstmal den mehr als einen Kilometer langen Abschnitt zwischen der Kronenstraße (U-Bahn Stadtmitte) und der Dorotheenstraße (Dussmann-Kaufhaus) zu prüfen. Der Senat soll einen Masterplan erarbeiten, „der den Lieferverkehr, das Gewerbe, den ÖPNV, den Taxiverkehr, den Radverkehr und die Interessen der Anwohner berücksichtigt“, heißt es. Unklar ist zum Beispiel, wie der Nordsüdverkehr umgeleitet werden kann. Eine gesperrte Friedrichstraße würde die Parallelstraße stärker belasten.
Vor drei Jahren wurden Ideen von Rot-Rot-Grün laut, die Flaniermeile Unter den Linden autofrei zu machen. Im Koalitionsvertrag steht das so explizit nicht. Dort ist allgemein von „Umverteilung des Straßenraums zugunsten des ÖPNVs und des Rad- und Fußverkehrs“ die Rede.
Der ADAC steht hinter dem SPD-Plan, die Friedrichstraße zur Fußgängerzone zu machen. Er hatte dies bereits 2016 ins Gespräch gebracht, als die Linden-Debatte aufkam. „Die Friedrichstraße ist einfach viel besser geeignet“, sagt ADAC-Sprecher Leon Strohmaier. Er möchte einen Testabschnitt zwischen Dorotheen- und Taubenstraße. Geklärt werden müsste zum Beispiel, wie der Radverkehr berücksichtigt wird. Nach ein paar Monaten könne man die Erfahrungen auswerten. Der ADAC hat auch nichts gegen die Verlängerung bis zur Kronenstraße. Strohmaier ist wichtig, dass der Boulevard Unter den Linden für den Autoverkehr offen bleibt.
Tino Schopf hatte die Idee zum Auto-Raus-Plan für die Friedrichstraße, weil Gewerbetreibende sich bei ihm beschwert hätten. Die Geschäftsleute ärgerten sich über die miese Aufenthaltsqualität in der Friedrichstraße, Lärm und Gestank und sinkende Umsätze. Schopf will deshalb die Friedrichstraße zur Wilmersdorfer des Ostens machen.
Die Interessenvertretung der Gewerbetreibenden mit 170 Mitgliedern aus den Bereichen Einzelhandel, Immobilien, Kultur, Dienstleistungen und Hotellerie/Gastronomie hingegen hält den SPD-Plan für „Traumtänzerei“. „Anstelle einer Vision für die einstige Prachtmeile wieder nur klein, klein“, kommentiert Guido Herrmann, Chef des Vereins „Die Mitte“, der aus der 1992 gegründeten IG Friedrichstraße hervorgegangen ist. Statt Gesamtkonzept „wieder nur ein Stückwerk, ein autofreier Flickenteppich als Lösung. Reichen Beispiele wie die Bergmannstraße oder die Maaßenstraße nicht aus, um statt schnellem Aktionismus vorher erstmal einen durchdachten Plan zu haben?, fragt der Vorstandsvorsitzende des Vereins. „Es muss eine Vision für die Friedrichstraße geben. Diese Vision wird dann mit Machbarkeitsstudien unterlegt und operativ umgesetzt. Mit der Idee der Fußgängerzone fängt man irgendwo in der Mitte an, und das hat die Mitte Berlins nicht verdient“, so Herrmann.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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