Coronavirus legt öffentliches Leben lahm
Spandau steht (fast) still

In der Altstadt scheint das Leben normal weiterzugehen.  | Foto: Ulrike Kiefert
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  • In der Altstadt scheint das Leben normal weiterzugehen.
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Das Coronavirus hat das öffentliche Leben in Spandau nahezu lahmgelegt. Schulen und Spielplätze sind geschlossen, Gottesdienste fallen aus, und die Kitas betreuen nur noch im Notbetrieb. Das Gesundheitsamt meldet 14 Infektionen.

Die Altstadt ist nicht übervoll, aber es geht geschäftig zu. Auf dem Havelländischen Land- und Bauernmarkt bieten die Händler ihr frisches Obst feil. Café-Bummler sitzen in der Sonne, und auch der kleine Spielplatz unter den Bäumen ist voll mit Kindern. Das Corona-Drama findet offenbar woanders statt. Mag man meinen, wären da nicht der eilende Mann mit der Atemschutzmaske, die Frau mit den weißen Stoffhandschuhen, die leeren Toilettenpapierregale, das Geisterkino, die zugesperrten Bars und die Hinweiszettel an Geschäften „Bitte Abstand halten“.

Längst geschlossen sind auch alle Schulen. Kitas betreuen nur noch im Notbetrieb, Gottesdienste und Beerdigungen fallen aus, Baustellen sind verwaist, alle Ämter und öffentlichen Einrichtungen geschlossen. Offen ist nur noch, was der Grundversorgung dient, also Lebensmittelgeschäfte, Märkte, Apotheken, Drogerien, Banken, Friseure und Baumärkte.

Gott kommt per Stream ins Wohnzimmer

Drüben in der St. Nikolai-Kirche am Reformationsplatz lädt Pfarrer Björn Borrmann heute zum letzten Mal zum Gottesdienst. „Ab morgen ist die Kirche zu“, sagt er. „Dann wird es auch keine Andachten, Passionen und Veranstaltungen mehr geben.“ Zu hören ist dann nur noch die Kirchturmglocke. Sie wird die Gemeindemitglieder in der Corona-Krise täglich um 12 und 18 Uhr zum „Vater unser“ bitten. „Das ist unser Angebot an die Gläubigen zu Hause.“ Wem das nicht reicht, den verweist der Pfarrer auf die Gottesdienste im Radio oder Fernsehen. Die St.Nikolai-Kirche kann man seit Neuestem aber auch virtuell besuchen. Die interaktive 360-Grad-Tour führt bis hoch in den Kirchturm und durchs benachbarte Kirchenmuseum. Auf den digitalen Rundgang kann man sich hier begeben: www.nikolai-spandau.de. Die Weihnachtskirche in Haselhorst überträgt ihre besucherlosen Gottesdienste derweil per Livestream auf Facebook unter https://www.facebook.com/weihnachtskirche.

Für Abiturienten und Zehntklässler
stehen Prüfungen an

Lahmgelegt hat das Coronavirus auch den Unterricht. Alle öffentlichen Schulen pausieren bis zum Ende der Osterferien. Claudia Kremer hat am letzten Schultag, 16. März, noch die neuesten Infos aus der Senatsbildungsverwaltung per Rundmail an die Eltern und Lehrer verschickt. Alles Weitere wird digital oder über die Schulhomepage bekanntgegeben. „Jetzt geht es für unsere Schüler von zu Hause aus weiter“, sagt die Schulleiterin des Carl-Friedrich-von-Siemens-Gymnasium. „Lernraum Berlin“ heißt das Zauberwort für den digitalen Unterricht. Auf der Plattform stellen die Lehrer online Kursräume und Lerninhalte für den Unterricht zur Verfügung. „So bekommen die Schüler Aufgaben zugeteilt oder können in Video-Clips das Erlernte wiedergeben. Zusätzlich gibt es verschiedene Anbieter für Online-Tests“, erklärt Kremer. Die Lehrer fragen ab, kontrollieren und benoten. „Damit wir weiterarbeiten können, sobald es mit dem Schulbetrieb wieder losgeht.“ Aber auch die Eltern nimmt die Schulleiterin in die Pflicht. „Sie sollten darauf zu achten, dass ihre Kinder mindestens sechs Stunden täglich lernen und jetzt nicht einfach Ferien machen.“ Als Schulleiterin muss Claudia Kremer außerdem entscheiden, welche Pädagogen von zu Hause aus arbeiten können. Sie selbst kommt trotz Corona jeden Tag in die Schule. Denn die Dienstpflicht besteht weiterhin. Vor den Osterferien stehen für viele ihrer Abiturienten außerdem drei schriftliche Abiturklausuren und für die Zehntklässler eine mündliche Prüfung in Englisch an. „Die Prüfungen finden aber nicht in der Aula, sondern in den Unterrichtsräumen statt“, sagt Claudia Kremer. So würden nicht zu viele Schüler zusammen in einem Raum sitzen und die Mindestabstände zwischen den Tischen besser eingehalten.

Notbetreuung
für systemrelevante Berufsgruppen

Um zu verhindern, dass sich das Coronavirus weiter ausbreitet, betreuen auch viele Kitas nur noch im Notbetrieb. So wie die 22 Spandauer Kitas des Eigenbetriebs Kindertagesstätten Nordwest. „Dort bieten unsere Erzieher eine Betreuung je nach Bedarf der Eltern an“, sagt Harald Bohn, pädagogischer Geschäftsleiter. Das können drei, aber auch acht Stunden täglich sein. Das Angebot der Notbetreuung gilt aber nur, wenn beide Elternteile zu den sogenannte systemrelevanten Berufsgruppen gehören, informiert Bohn. Dazu gehören zum Beispiel Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungsdienstler, Erzieher und BVGler. Das Formular für die nötige Selbsterklärung der Eltern hat die Senatsverwaltung online gestellt: https://bwurl.de/14v0.

"Laib und Seele" richtet Lieferservice ein

In Zwangspause gehen auch viele Lebensmittelausgaben, zum Beispiel die von „Laib und Seele“ im Paul-Schneider-Haus. „Mit unserer letzten Ausgabe haben wir 88 Haushalte versorgt“, sagt Leiter Gert Kaczmarek. Frühestens am 20. April ist sie wieder geöffnet. Bis dahin soll es aber einen häuslichen Lieferservice geben, organisiert mit der Luther-Kirchengemeinde. Wer Bedarf hat und bei der Ausgabenstelle im Paul-Schneider-Haus bereits Kunde ist, kann sich bei Gert Kaczmarek melden: 0176/ 49 54 20 71. 

Spiel- und Bolzplätze sind geschlossen

Strikt untersagt hat das Bezirksamt vorerst bis zum 19. April den Aufenthalt auf seinen Spiel- und Bolzplätzen und sich damit gegen die Empfehlung des Senats gestellt, die Plätze offen zu halten. „Der Zeitpunkt ist längst gekommen, an dem unterbunden werden muss, dass dutzende Kinder am gleichen Spielgerät turnen und ihre Eltern in einer Traube danebenstehen“, sagt Gesundheitsstadtrat Frank Bewig (CDU). Im Rathaus selbst sind alle Ämter nur noch telefonisch erreichbar. Im Standesamt finden terminierte Trauungen zwar statt, dabei sein dürfen aber außer dem Brautpaar nur die minderjährigen Kinder. Wer sich einbürgern lässt, muss ohne offizielle Feier auskommen. Die Jugendkunstschule macht bis zum 19. April ebenso dicht wie die Musikschule, Volkshochschule, Bibliotheken, Museen, Kulturzentren und die Zitadelle. Eine Übersicht über die geschlossenen Einrichtungen und Behörden mit Kontaktdaten findet sich hier: https://bwurl.de/14u-.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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