„Ich appelliere an die Kompromissbereitschaft“
Bürgermeisterin Cerstin Richer-Kotowski (CDU) über Erfolge in 2019 und Herausforderungen in 2020

Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) wünscht sich sachliche Kommunikation und mehr Kompromissbereitschaft bei strittigen Themen.  | Foto: Uwe Steinert
  • Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) wünscht sich sachliche Kommunikation und mehr Kompromissbereitschaft bei strittigen Themen.
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Über kommende Herausforderungen, Emotionales und Ärgerliches sprach Cerstin Richter-Kotowski im Interview mit den Berliner-Woche-Reporterinnen Ulrike Martin und Karla Rabe.

Was waren die größten Herausforderungen im vergangenen Jahr und welche Hürden mussten genommen werden?

Cerstin Richter-Kotowski: Gerade im Bereich der Stadtentwicklung hat sich in 2019 sehr viel getan. Steglitz-Zehlendorf, aber auch die ganze Stadt Berlin stehen vor großen Veränderungen. Es treten immer häufiger Interessenkonflikte auf, die von den Menschen durch die digitalen Kommunikationsmittel wesentlich schneller transportiert werden können als noch vor einigen Jahren. Für mich als Bezirksbürgermeisterin wird es zunehmend schwieriger, bis fast unmöglich, durch Entscheidungen, die ich treffen muss, den Wünschen aller gerecht zu werden. Diese Herausforderung wird mich auch in 2020 stets begleiten. Ich appelliere an die Kompromissbereitschaft der Menschen.    

Woran erinnern Sie sich besonders gern?

Cerstin Richter-Kotowski: Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, die Steglitzer Woche, eines der letzten Feste, die von einem Bezirk veranstaltet werden, für weitere zehn Jahre zu sichern und mit Freude schaue ich auf jedes begonnene Bauvorhaben in unserem Bezirk. So entstehen in der Dessauerstraße über 250 neue Wohnungen. 50 Prozent davon sind sozialer Wohnraum. Wir schaffen in unserem Bezirk Lebensraum für alle. Anfang Dezember war ich auf dem Richtfest der Sporthalle für die Karpfenteich Grundschule. Hier wird eine Sportoase für viele Kinder und Vereine entstehen. Es ist wunderbar zu sehen, wenn Projekte voranschreiten.

Worüber haben Sie sich im vergangenen Jahr besonders geärgert?

Cerstin Richter-Kotowski: Wenn Sachargumente einfach nicht mehr gelten, sondern es nur noch danach geht, wer am längeren Hebel sitzt. Beispielsweise bei der Frage, ob am Osteweg eine Schule und Sporthalle entstehen oder das Grundstück dauerhaft mit einer Flüchtlingsunterkunft bebaut wird. Oder wenn man von einer Senatsverwaltung an die nächste Senatsverwaltung verwiesen wird, wie unter anderem bei Fragen nach der Goerzbahn oder bei der Verbindung zwischen Machnower Straße und dem Postplatz in Zehlendorf Mitte.

Sie hatten sich für das Jahr 2019 das Thema Personalmangel auf die Agenda geschrieben. Was hat sich verändert, was wurde erreicht?

Cerstin Richter-Kotowski: Um dem Personalmangel nachhaltig entgegenzuwirken, werden die Einstellungszahlen bei den Nachwuchskräften fortlaufend erhöht. Ein wichtiges Kriterium stellt die Ausweitung der Ausbildungsberufe dar, bei denen wir im Anschluss an die Ausbildung mit einer dauerhaften Übernahmemöglichkeit punkten. Seit 2019 bieten wir erstmals wieder die Ausbildung für Stadtsekretär/innen an und legen außerdem einen besonderen Fokus auf duale Studiengänge und Stipendien. Die Kollegen aus dem Zentralen Bewerberbüro sind 2019 an den Start gegangen. Dort werden alle Aufgaben für Neueinstellungen gebündelt, um so die Geschwindigkeit bei den Stellenbesetzungsverfahren zu erhöhen. Stolz bin ich auch auf die starke Präsenz des Bezirksamts auf den vielen Jobmessen in und um Berlin. So konnten wir unter anderem auch die vielen Quereinsteiger von airberlin gewinnen und eine Vorreiterrolle in Berlin bei der unkonventionellen Personalgewinnung einnehmen.

Sie sind jetzt auch auf Twitter aktiv und haben die Öffentlichkeitsarbeit im Bezirksamt vor allem auf digitaler Ebene ausgebaut. Was hat sich dadurch verändert?

Cerstin Richter-Kotowski: Durch unsere neu geschaffene Organisationseinheit Presse-, Öffentlichkeitsarbeit & Digitale Kommunikation sind wir erheblich flexibler geworden und können viel schneller auf Presseanfragen oder aktuelle Themen reagieren. Dies ist genau der richtige Weg. Ich bekomme den Eindruck, dass wir in den letzten Monaten viele positive Dinge, die im und durch das Bezirksamt passieren, über komplett neue Kanäle kommunizieren konnten.

Auf meinem eigenen Twitter-Account finde ich mich immer besser zurecht und versuche durch ausgewogene und interessante Tweets, den Menschen aus erster Hand einen Mehrwert zu geben. Mir ist wichtig, öffentlich Stellung zu beziehen, um den Bürgern Handlungsansätze, eigene Überlegungen zu Sachverhalten und die Handschrift, mit der ich unseren Bezirk Steglitz-Zehlendorf gestalte, näher zu bringen.

Was sind die wichtigsten Aufgaben in 2020?

Cerstin Richter-Kotowski: Den Bebauungsplan für Lichterfelde Süd (Neulichterfelde) durch die BVV verabschieden zu lassen. Dort entstehen 2500 Wohneinheiten, allein über 500 im sozialen Wohnungsbau. Aber auch die Planungen für die Sanierung und den Neubau am Rathaus Zehlendorf zu beginnen. Wir werden die Wochenmärkte im Bezirk neu konzipieren und die Attraktivität des einen oder anderen Wochenmarktes deutlich erhöhen.

Sie sind im Bezirk auf vielen Terminen zu den unterschiedlichsten Anlässen unterwegs. Welches Ereignis hat Sie besonders beeindruckt oder berührt?

Cerstin Richter-Kotowski: Die Veranstaltung zu 30 Jahre Mauerfall auf der Glienicker Brücke war für mich ein absoluter Gänsehautmoment. Aber auch die Feier für einsam Verstorbene, die in 2019 das erste Mal im Bezirk durchgeführt wurde, war für mich sehr emotional. Intern durfte ich Mitarbeitern meinen Dank aussprechen, weil Sie entweder hervorragende Ausbilder sind oder ihr 40-jähriges Dienstjubiläum erreicht haben. So wunderbare und loyale Menschen hier bei uns zu haben, macht mich unglaublich stolz.   

Ihre persönlichen Wünsche für das neue Jahr?

Cerstin Richter-Kotowski: Ich wünsche mir, dass wir insgesamt wieder mehr diskutieren – sachlich und zielführend – und man insgesamt mehr Rücksicht aufeinander nimmt, egal ob in unserem Bezirk, Berlin oder Deutschland. Dann habe ich einen noch etwas ausgefalleneren Wunsch. Ich möchte, dass unsere Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verschiedene Inhalte für die Bürger noch visueller und kreativer aufbereitet. Hier kann ich mir zum Beispiel Erklärvideos für Anträge oder andere komplexe Formulare sehr gut vorstellen.

Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

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