Werden die Linken Naumann tolerieren? Bei Verhandlungen zu Rot-Rot-Grün geht es vor allem ums Bauressort

Wie im Land, so im Bezirk: Michael Müller und Reinhard Naumann wollen Rot-Rot-Grün, um an der Macht zu bleiben. | Foto: Thomas Schubert
  • Wie im Land, so im Bezirk: Michael Müller und Reinhard Naumann wollen Rot-Rot-Grün, um an der Macht zu bleiben.
  • Foto: Thomas Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Charlottenburg-Wilmersdorf. Stärkste Fraktion und doch ein Spielball der Wahlverlierer: Die SPD will ihren Bürgermeister Reinhard Naumann gegen den Machtwillen der CDU verteidigen. Die würde einen Grünen-Rathauschef mitwählen. Naumann wiederum baut auf Rot-Rot-Grün. Aber wollen das die Linken?

Ein Monat und eine Woche nach der Berlin-Wahl herrscht im Rathaus mehr Ungewissheit als am Wahlabend selbst. Und das liegt an Pokerspielen, die am 18. September kaum denkbar waren.

Damals schienen in Charlottenburg-Wilmersdorf Reinhard Naumann und die SPD mit rund 25 Prozent der Stimmen und einem klaren Abstand zu CDU und Grünen alle Machtoptionen in der Hand zu halten. Doch dann: erste Gespräche der Fraktionen. Und eine Nachricht, die Propheten einer rot-grünen Allianz in Erstaunen versetzte: Plötzlich hielt es die CDU als zweitstärkste Kraft für denkbar, einen Bürgermeister der Grünen zu wählen, die unter 20 Prozent der Stimmen holten und hinter den Christdemokraten blieben. Dies sei „ein interessantes Angebot“, wird die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Vandrey zitiert. Dabei hatten die Grünen vor der Wahl auf einen Bürgermeisterkandidaten verzichtet. Nun will die CDU also ihren eigenen Kandidaten Carsten Engelmann fallen lassen, um einen Grünen zu wählen.

„Ich bin zuversichtlich"

Wie wäre es also mit einem grün-schwarzen Bündnis für die City West, unterstützt durch die FDP? „Ich setzt darauf, dass der Versuch der CDU, einen Keil zwischen SPD und Grüne zu treiben, nicht gelingen wird“, bleibt Amtsinhaber Reinhard Naumann ruhig.

Er sieht die die rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen auf Landesebene als Signal, auch in der City West diesen Weg einzuschlagen. „Ich bin zuversichtlich, dass sich die politische Landschaft bei uns im Bezirk so sortieren wird, dass von der City West Rückenwind für die geplante rot-rot-grüne Reformkoalition auf Landesebene ausgeht“, sieht sich der Charlottenburger im Einklang mit Michael Müller.

Wenn Naumann verlässlich regieren will, braucht er in der Bezirksverordnetenversammlung wenigstens 28 Stimmen, wobei SPD und Grüne nur 27 haben. Deshalb blicken jetzt alle zur erstarkten Linken.

Ob es eine feste rot-rot-grüne Zählgemeinschaft geben kann oder sich SPD und Grüne von den Linken nur tolerieren lassen, wird bis zuletzt verhandelt. Der Posten des Baustadtrats dürfte besonders wichtig sein. Von 3,4 Prozent im Jahre 2011 auf 7,9 Prozent bei der BVV-Wahl 2016 erstarkt – die Linke wird mit diesem Erfolg im Rücken wohl ein unbequemer Partner sein. Und mit vier Sitzen im Bezirksparlament könnte sie mehr leisten als SPD-Mann Reinhard Naumann wieder zur Macht zu verhelfen. Wird die Linke aktiv in die feste Zählgemeinschaft einsteigen? Eine offene Frage. Wobei die neue Fraktion dieser Option laut eines Rundschreibens nach der Wahl zunächst „sehr skeptisch“ gegenüberstand.

„Skandalöser Vorgang“

Dort kritisierte man auch in aller Breite die Pläne zur Bebauung der früheren Tennisplätze am Ku'damm im historischen Woga-Komplex mit luxuriösen Wohnungen. Und gibt SPD-Baustadtrat Marc Schulte die Schuld, dass Projekte wie dieses kaum zu verhindern sind. Ein „skandalöser Vorgang“, wettert die Linke. Bauthemen und die Frage nach der Schaffung von preisgünstigem Wohnraum sind also offenbar Streitquellen, die ein festes linkes Dreierbündnis gefährden.

Kein anderes Aufgabenfeld besitzt solch eine gesamtstädtische Bedeutung wie das Bauressort. Denn als Stadtrat für Stadtentwicklung in Charlottenburg-Wilmersdorf, so der offizielle Titel, entscheidet man mit den Investoren maßgeblich über das Berlin von Morgen. Darf der Denkmalschutz als Waffe gegen Bauprojekte wirken? Welche Zugeständnisse müssen Geldgeber machen, um Baurecht zu erlangen? Wie entwickelt sich der Verkehr der Zukunft? Fragen, die nicht nur die City West bewegen.

Neben dem Bürgermeisterposten ist das Amt des Baustadtrats für manch einen interessanter. Und vielleicht war es auch dieser Posten, auf den die CDU schielte, als sie erwog, den Grünen das andere Spitzenamt zu schenken. Nach letztem Stand wollen sie das Stadtentwicklungsressort in der rot-grünen Allianz aber selbst beanspruchen. Ein grüner Baustadtrat bekäme von den Investoren und mächtigen Anrainern des Kurfürstendamms vermutlich noch mehr Gegenwind zu spüren als der aktuelle SPD-Amtsinhaber Marc Schulte. So oder so – entscheiden wird die neue BVV. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 214× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 981× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 642× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.131× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.017× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.