Die Sicherheit wird zum Problem
Noch mehr Sperren beim Karneval der Kulturen
Zunächst die guten Nachrichten: Der Karneval der Kulturen findet auch dieses Jahr am Pfingswochenende, 7. bis 10. Juni, statt. Er stand, anders als manchmal in den vergangenen Jahren, nie in Frage. Das sorgte zumindest für Planungssicherheit.
Die war auch nötig, denn der Karneval hat weiter mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. Die größte ist die Sicherheit. Zum ersten Mal werden bei der Veranstaltung Kameras installiert. Deren Bilder sollen vor allem Aufschluss geben, ob es an manchen Stellen zu voll wird, aber auch auf mögliches Gefahrenpotenzial hinweisen.
Noch spürbarer wird das Ausweiten der Sperrzonen sein. Sie betreffen nicht nur die Bereiche rund um das Straßenfest am Blücherplatz oder die Umzugsroute entlang der Yorck- und Gneisenaustraße, Hasenheide bis zum Hermannplatz. Darüber hinaus wird es während der Parade am Pfingstsonntag, 9. Juni, noch sogenannte "erweiterte Sicherheitsbereiche" geben. Dort ist teilweise sogar eine Passage für Fußgänger nicht möglich. Konkret gilt das für die Nostitz-, Solms-, Zossener- und Mittenwalder Straße, alle ab Gneisenaustraße bis zur Fürbringer-, im ersten Fall Baruther Straße. Wer zwischen Umzug und Straßenfest pendeln möchte, kann das nur über Umwege und häufig lediglich in einer Richtung. Etwa über den Mehringdamm, die Schleiermacher- oder Baerwaldstraße.
Auch Gebiete im Bergmannkiez oder weitere Querstraßen gelten als besonderer Sicherheitsbereich, wenngleich ohne vollständiges Durchgehverbot. Ebenfalls besondere Zone ist die Umgebung von Start und Ziel, sprich die Yorck- und Möckernstraße, Hermannstraße und Karl-Marx-Straße. Diese und weitere Vorgaben werden wahrscheinlich bei vielen Anwohnern nicht unbedingt auf Beifall stoßen. Schon in den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Klagen wegen Auflagen und reduzierter Bewegungsfreiheit.
Auch Karneval-Organisatorin Nadja Mau ließ durchblicken, dass sie mit den verschärften Sicherheitsstandards nicht unbedingt glücklich ist. Laut Experten seien sie aber bei so einer Massenveranstaltung inzwischen unumgänglich. Etwa, weil Freiräume vorgehalten werden müssen, wohin Menschen unter Umständen ausweichen können.
Vier Tage kosten 1,7 Millionen Euro
Mehr Geld kostet die zusätzliche Prävention ebenfalls. Dafür kündige Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert (Linke) weiteres finanzielles Engagement der Landesebene an. Ohnehin ist die Kulturverwaltung seit einigen Jahren mit jährlich etwa 830 000 Euro der Hauptsponsor des Karnevals. Weitere wichtige Gönner, teils mit Geld, teils durch Sachleistungen sind die Berliner Sparkasse, die Wasserbetriebe, die GSG (Gewerbesiedlungs-Gesellschaft Berlin) sowie die Johanniter-Unfall-Hilfe. Insgesamt kosten die vier Tage rund 1,7 Millionen Euro.
Deren Ablauf und Schwerpunkte sind wie gehabt. Zum einen das Festareal am Blücherplatz mit mehr als 300 Ständen, drei großen Bühnen und zehn kleinen sogenannten "Musik-Corners". Es gibt wieder Kulinarisches aus aller Welt, aber auch ein Aktionscamp gegen Rassismus und Krieg, für Vielfalt, Nachhaltigkeit und Verantwortung. Geöffnet ist am Freitag von 16 bis 24, Sonnabend und Sonntag, 11 bis 24 und Pfingstmontag von 11 bis 19 Uhr. Die Aufführungen enden jeweils eine Stunde vor Betriebsschluss.
Beim Umzug am 9. Juni nehmen 74 Gruppen teil, zehn mehr als im vergangenen Jahr. Mehr als 4400 Akteure sind bei der Parade unterwegs. 51 Gruppen treten mit motorisierten Fahrzeugen an, 27 auf Rädern oder Rikschas, drei per Bollerwagen oder Schubkarren. Und fünf Formationen wollen ihre Plattformen schieben.
Der Zug startet um 12.30 Uhr an der Ecke Yorck- und Großbeerenstraße. An der Spitze werden zunächst auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) mitmarschieren. Das Ende ist am Hermannplatz, wo gegen 21 Uhr die letzten Gruppen ankommen sollen.
Zum langen Pfingstwochenende gehört auch der Kinderkarneval am 8. Juni mit den Programmpunkten Kostümumzug ab 13.30 Uhr vom Mariannenplatz zum Görlitzer Park. Dort beginnt anschließend um 15 Uhr das große Kinderfest. Und in vielen Clubs und weiteren Locations gibt es ebenfalls karnevalspezifische Events.
2018 haben knapp eine Million Menschen den Karneval der Kulturen besucht. Ungefähr zur Hälfte verteilt auf Straßenfest und Umzug. Ähnlich viele werden in diesem Jahr erwartet. Eine Größenordnung, die die Dimension der Veranstaltung aufzeigt.
Zahl der Abfallbehälter verdreifacht
Das Massenpublikum hinterlässt auch eine Menge Müll. Um ihm besser Herr zu werden, wurde die Zahl der Abfallbehälter auf jetzt 135 verdreifacht. Sie können 150 Kubikmeter Unrat aufnehmen.
Aber die Sicherheit ist das Hauptproblem. Schon deshalb gab es bereits in der Vergangenheit viele Stimmen, die das Großereignis mitten in Kreuzberg für nicht mehr durchführbar halten. Nadja Mau sieht das anders. Der Sinn des Karnevals als Veranstaltung für ein friedliches Miteinander und Treffen von Menschen unterschiedlichster Herkunft, werde nicht mehr erfüllt, wenn er irgendwo in einem abgeschlossenen Bereich stattfinden würde.
Ähnlich klang das auch bei Torsten Wöhlert. Aber gerade deshalb brauche es in Sachen Sicherheit für die Zukunft ein umfassendes Konzept. Daran sollte nach den diesjährigen Festtagen gearbeitet werden. Und das nicht nur, weil 2020 die 25. Ausgabe des Karnevals der Kulturen ansteht.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
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