Streit um eine Kita-Broschüre
Stadtrat hält Ratgeber, der über Rechtsextremismus informiert, für zu einseitig

Bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 5. Dezember gab es gleich drei Anfragen zu einem Thema: zur Broschüre „Ene mene muh – und raus bist du“, die zuvor in die Schlagzeilen geraten war. Das Heft soll Kita-Erzieher für rechte Tendenzen sensibilisieren.

Es enthält Ratschläge, was zu tun ist, wenn Pädagogen mit rechtsextremem Verhalten von Eltern in Berührung kommen oder sie davon von anderen hören. Oder wenn ein Kind ein Hakenkreuz malt. Herausgeber ist die Amadeu-Antonio-Stiftung, gefördert wurde die Publikation vom Bundesfamilienministerium.

Mediale Kritik an der "Schnüffel-Fibel" ließ nicht auf sich warten, oft unterfüttert mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten. Auch Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) empfahl in einer Presseerklärung, das Heft nicht zu nutzen. „Es ist nicht Aufgabe von Erzieherinnen und Erziehern, die politische Gesinnung der Eltern zu überprüfen. Die Broschüre will Vorurteile bekämpfen, vermittelt sie aber selbst“, schrieb er im Namen des Bezirksamts – obwohl er die Mitteilung nicht mit dem Kollegium abgestimmt hatte. Das sorgte für Irritation, ist aber formalrechtlich in Ordnung, solange Liecke nur für seinen Fachbereich auftritt.

Viele Klischees

Nachdem dieser Punkt geklärt war, sollte der Jugendstadtrat seine Beurteilung näher erklären. Denn SPD, Grüne und Linke stehen der Broschüre positiv gegenüber. Das Heft sei ihm zu schwarzweiß, sagte Liecke. Die Täter seien immer deutsch, die Migranten immer Opfer. „Ich hätte mir ein differenzierteres Bild gewünscht.“

Neukölln sei anders als Baden-Württemberg. „Bei uns sehen wir eher ein Problem mit religiösem Extremismus, wenn Kinder zum Tragen des Kopftuches genötigt oder Zwangsehen arrangiert werden. Auch die Indoktrination durch Linksextremisten ist eine Gefahr.“ Das Heft nicht zu nutzen, sei lediglich eine unverbindliche Empfehlung.

Gefahr von rechts

Bernd Szczepanski (Grüne) sprach für viele Bezirksverordnete, als er sagte: „Seit Jahren wird über islamistische Gefahren aufgeklärt, aber wenn es einmal um rechts geht, führt das sofort zu einem Aufschrei. Das verstehe ich nicht.“ Darauf wollte Liecke nicht eingehen. „Ich habe mir eine politische Meinung gebildet und eine Bewertung aus Sicht Neuköllns abgegeben“, war dazu seine abschließende Bemerkung.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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