Wer läuft bei den Corona-Demos mit?
Gegensätzliche Bewertungen über Teilnehmer der Montagsspaziergänge in Treptow-Köpenick

Im Bezirk finden verschiedene Demonstrationen gegen die Maßnahmen der Politik in der Corona-Pandemie statt. Regelmäßig geht es auf einer der Routen auch Richtung Altstadt zum Rathaus Köpenick. | Foto:  Philipp Hartmann
  • Im Bezirk finden verschiedene Demonstrationen gegen die Maßnahmen der Politik in der Corona-Pandemie statt. Regelmäßig geht es auf einer der Routen auch Richtung Altstadt zum Rathaus Köpenick.
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Seit Ende 2021 finden in Treptow-Köpenick wie an vielen anderen Orten in Deutschland Montagsspaziergänge statt. Deren Teilnehmer kritisieren die Maßnahmen der Politik in der Corona-Pandemie. Doch welche Gesinnung haben die Menschen, die sich im Bezirk daran beteiligen?

Im Februar sahen sich die Fraktionen von SPD, Linken und Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung dazu veranlasst, gemeinsam Position gegen die Spaziergänge zu beziehen. Die BVV beschloss daraufhin eine Resolution, welche die „antisemitischen, holocaustrelativierenden Äußerungen, Drohungen und den Vandalismus im Rahmen der derzeit wöchentlich stattfindenden Demonstrationen im Bezirk auf das Schärfste verurteilt“. Zugleich wurden die Teilnehmer aufgefordert, „sich nicht mit Rechtsextremen gemein zu machen und andere Formen der politischen Partizipation zu wählen“. Lediglich die AfD-Fraktion stimmte gegen die Resolution. Sie hatte in einem Änderungsantrag die „pauschale Verleumdung, Diffamierung und Ausgrenzung Andersdenkender“ kritisiert.

Nach dem Beschluss meldete sich Randy Witte bei unserer Redaktion, eigenen Angaben zufolge als Versammlungsleiter mitverantwortlich für Montagsdemos im Bezirk. Witte erklärte, er wolle deren Reputation wieder herstellen. Er verwahre sich gegen die Behauptung, dass es bei den Veranstaltungen zu antisemitischen, holocaustrelativierenden Äußerungen, Drohungen und Vandalismus gekommen sei. Das Gegenteil sei der Fall. „Vor jeder Veranstaltung weisen wir darauf hin, dass wir gewaltfrei auftreten und uns von jeder Form von Extremismus distanzieren.“ Von der Polizei habe es stets nur positives Feedback gegeben, auch hinsichtlich der Einhaltung der Corona-Auflagen. Seiner Ansicht nach diene die Resolution einzig dem Diskreditieren der Veranstaltung. Die Anschuldigungen seien aus der Luft gegriffen. „Indem diese Unwahrheiten vorsätzlich verbreitet werden, erhofft man sich, dass sich Menschen nicht mehr am Protest beteiligen. Dabei stehen wir für Grundrechte, Selbstbestimmung und solidarisieren uns mit Rettungskräften aus allen Bereichen“, so Witte.

Die Berliner Woche fragte deshalb bei SPD, Grünen und Linken nach den Hintergründen der Resolution und erhielt von allen Fraktionen Antworten. Sie zeichnen ein ganz anderes Bild der Demos. Die Grünen teilten mit, dass sowohl die unangemeldeten als auch angemeldeten Proteste in Köpenick auf die Telegram-Gruppe „Treptow-Köpenick steht AUF!“ zurückzuführen seien. „In diesen Gruppen kursieren diverse Verschwörungsmythen, nach denen global operierende Eliten das Virus als Vorwand nehmen, um eine neue Weltordnung zu schaffen. Mythen dieser Art sind klar als antisemitische Erzählungen erkennbar“, erläutert Fraktionsgeschäftsführer Philip Schmitz. „Die in den Demonstrationen von vielen Teilnehmenden geäußerten Vergleiche zwischen den Einschränkungen von Ungeimpften und der Verfolgung von Jüd*innen im Dritten Reich verharmlosen die Verbrechen des Nationalsozialismus. Sprechchöre suggerierten wiederholt, Deutschland sei eine Diktatur.“ Diverse Beispiele hätten verdeutlicht, dass die Proteste stark von verschwörungsideologischem und antisemitischem Gedankengut geprägt seien.

„Bei den Protesten am 10. Januar wurde ein Schild mit der Aufschrift ‚Impfen macht frei???‘ gesichtet. Hierbei handelt es sich um eine Abwandlung des Spruches über dem Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz (‚Arbeit macht frei‘)“, so Schmitz. Aus einer Polizeimeldung zu den Protesten am 24. Januar vor dem Rathaus Köpenick geht hervor, dass einer der Teilnehmer wegen Zeigen eines Hitlergrußes angezeigt wurde. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Paul Bahlmann berichtete davon, dass das Kerzenensemble zum Gedenken an die Opfer der Pandemie im Luisenhain umgestoßen wurde. Mehrere bekannte NPD-Politiker hätten sich an den Montagsspaziergängen beteiligt und dies auch in den sozialen Medien dokumentiert. Entlang der Demo-Routen seien zudem im Nachgang mehrfach Aufkleber mit rassistischen Inhalten entdeckt worden.

Offenbar gibt es jedoch verschiedene Corona-Demos mit unterschiedlichen Organisatoren, zwischen denen unterschieden werden muss.

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Philipp Wohlfeil bat nach unserer Anfrage das Register zur Erfassung extrem rechter und diskriminierender Vorfälle Treptow-Köpenick um eine eigene Einschätzung. Von dort hieß es, dass es seit einigen Wochen zu Corona-Demos im Bezirk komme, die „wesentlich gemäßigter“ abliefen. „Wir sind überzeugt, dass viele der Teilnehmenden keine rechtsextremen oder antisemitischen Positionen vertreten“, äußerten sich auch die Grünen. Es sei eine positive Entwicklung für den Bezirk, dass derzeit vor allem kleinere, angemeldete Demos anstelle von unangemeldeten, großen Demos „mit offensichtlicher Nazibeteiligung und antisemitischen Vorfällen“ in Köpenick stattfänden. „Wenn Demonstrationen allerdings für demokratiefeindliche Ziele missbraucht und die Gefahren durch die Pandemie verharmlost werden, sehen wir uns als Demokrat*innen zu einer klaren Positionierung verpflichtet“, betonte Philip Schmitz.

Autor:

Philipp Hartmann aus Köpenick

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